Kaarst Kinder lernen Selbstverteidigung

Kaarst · Annette Krapp und Carsten Puzych haben innerhalb von zwei Tagen einige Backpfeifen kassiert. Ihre Gegner sind zwei, drei Köpfe kleiner – zwischen sieben und zehn Jahre alt.

 Annette Krapp und Carsten Puzych bringen Kindern bei, wie sie sich im Notfall effektiv wehren können. Puzych trägt dabei oft eine Schutzmaske.

Annette Krapp und Carsten Puzych bringen Kindern bei, wie sie sich im Notfall effektiv wehren können. Puzych trägt dabei oft eine Schutzmaske.

Foto: lber

Annette Krapp und Carsten Puzych haben innerhalb von zwei Tagen einige Backpfeifen kassiert. Ihre Gegner sind zwei, drei Köpfe kleiner — zwischen sieben und zehn Jahre alt.

Die beiden Erwachsenen sind Trainer der Kaarster EWTO-Schule und absolvieren mit 18 Kindern der Matthias-Claudius-Schule einen Kursus zur Gewaltprävention und Selbstverteidigung.

Diesen bietet der Osterather Betreuungsverein zum zweiten Mal an. "Die Trainer sind sehr geschunden, wenn wir mit ihnen fertig sind", sagt Betreuerin Marion Theißen mit Blick auf die roten Arme von Annette Krapp. Sie hatte den Kindern den Weg durch die Tür versperrt, und wenn Worte nicht reichten, schlugen sie ihr auf den Arm. Ziel ist es, Gefahren früh genug zu erkennen.

Erster Schritt: starke Worte

Die einzelnen Phasen werden mit Schulnoten bewertet. "Wird das Opfer in den Schwitzkasten genommen, ist das eine Vier. Verhindert es vorher den Griff, ist es eine Drei", erklärt Carsten Puzych.

Der Trainer tritt in vielen Übungen mit einer Schutzmaske auf, zum einen, um sein Gesicht zu schonen, zum anderen, um den Kindern die Hemmungen zu nehmen, ihn zu schlagen. Denn die finden ihre Trainer viel zu nett, um ihnen wehzutun. Der erste Schritt zur Selbstbehauptung sind Worte und eine kräftige Stimme. "Fassen Sie mich nicht an und lassen Sie mich in Ruhe", schallt es immer wieder durch die Sporthalle. Ausgestreckte Zeigefinger unterstreichen die starken Worte bildlich.

Dieses Auftreten wird mit der Zwei benotet. Was wäre dann eigentlich eine Eins? "Wenn die Kinder nicht geduckt mit dem Blick auf den Fußboden laufen, sondern Selbstbewusstsein ausstrahlen, so dass man in ihnen kein Opfer sieht, sondern einen Gegner", so Puzych.

In Rollenspielen werden verschiedene Situationen gestellt: Fritz (10) sitzt in der Regiobahn. Ein Fremder setzt sich neben ihn, spricht ihn an. "Was ist los mit dir? Hast Du ein Problem?", wird er gefragt. Richtig ist, dass Fritz den Unbekannten ignoriert. Er schaut aus dem Fenster, beobachtet seinen Sitznachbarn aber im Augenwinkel. Er sieht, dass derjenige seinen Arm um ihn legen will. Fritz stößt den Arm mit dem Ellbogen von sich und drückt mit der anderen Hand das Gesicht des Angreifers weg. Er steht auf und sagt wieder: "Fassen Sie mich nicht an und lassen Sie mich in Ruhe!"

Die Kinder lernen auch, andere Erwachsene um Hilfe zu bitten. "Sie wissen, dass Gewalt immer die letzte Prämisse ist, auch wenn sie sich gegen Gleichaltrige behaupten", sagt Carsten Puzych. Er zeigt den Kindern aber auch, wie sie sich aus dem Schwitzkasten befreien: Sie greifen mit der Hand in den Oberschenkel des Angreifers und drehen sie wie bei einem Lichtdimmer. Das schmerzt bei jedem.

(NGZ)
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