Kaarst Kalle Pohl nimmt den Comedy-Wahn aufs Korn

Kaarst · Um Kalle Pohl ist es in letzter Zeit still geworden. Der einstige Dauergast bei "7 Tage - 7 Köpfe",63 Jahre alt, meldet sich jetzt aber mit "Selfi in Delfi" zurück. Sein Programm ist der Versuch, Amüsantes mit Hintergründigem bis Geistreichem zu kombinieren. Um es vorweg zu nehmen: Der Versuch ist geglückt. Leider wollten nur ziemlich genau 200 Zuschauer im Albert-Einstein-Forum sehen, wie sich der kleine Kleinkünstler so entwickelt hat. Es scheint, als sei "Selfi in Delfi" auch eine Art Abrechnung mit der zunehmenden Selbstverliebtheit der breiten Massen, die sich pausenlos selbst fotografieren und der intellektuellen Abflachung, die sich in der Schreibweise "Delfi" widerspiegelt.

Außerdem hat Kalle Pohl den Comedy-Wahn im Visier. Es ist unverkennbar Mario Barth, den er da imitiert, indem er den "gebückten Tiger" mimt, seine kurzen Sätze immerzu wiederholt, auf der Bühne hin und her läuft. Kalle Pohl fallen zu diesem Niveau-Limbo Sätze wie dieser ein: "Wenn einer tot ist, merkt er das nicht - das merken nur die anderen; dass ist übrigens dasselbe, wenn man blöd ist...." Der Kölner Kleinkünstler arbeitet in "Selfi in Delfi" auch den Frust ab, der den älteren Semestern der Umgang mit der Technik häufig beschert - die Bloßstellung beim Kabelkauf im Elektronikmarkt durch einen überheblichen Verkäufer war zum Glück nur ein Alptraum, geträumt von Kalles Kunstfigur Heinz Spack.

Er macht sich aber auch über die Technikverliebtheit der jungen Generation lustig, über junge Eltern, die an ihrem Neugeborenen den Netzstecker vermissen und die nicht wissen, wo sie dran drehen sollen, um die Ton leiser zu stellen. Kalle Pohl, der sich bei seinen frechen, intelligenten Songs mit dem Akkordeon begleitete, wandte sich auch der Literatur zu. Allein der Name des Autors war einen Lacher wert: Johann Wolfgang von Pilcher.

(barni)
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