Stammgast im stets ausverkauften Albert-Einstein-Forum "Kabarett als Breitband-Idiotikum"

Stammgast im stets ausverkauften Albert-Einstein-Forum · "Bis neulich" heißt das neue Programm von Volker Pispers, das ganz so neu nicht ist: Hier hat der bärtige und bissige Kabarettist sein Bestes aus 20 Jahren zusammengefasst und mit Aktuellem angereichert. Erstaunlich: Sozusagen alle Missstände, die Pispers seit zwei Jahrzehnten anprangert, sind aktuell wie eh und je. Er selbst scheint sich in dieser Zeit kaum abgenutzt zu haben. Noch immer gilt: Kaum ein anderer geht so souverän mit der Sprache um, wechselt elegant von einem Thema zum anderen, spart nicht mit schwarzem Humor.

20 Jahre Volker Pispers, das bedeutet auch 16 Jahre sprachlich schwerste Geschütze gegen die Regierung von Helmut Kohl. Ist mit Gerhard Schröder nun Zufriedenheit an der politischen Front eingekehrt? "Ich frage mich, ob Schröder das kleinere oder nur das dünnere Übel ist", so Pispers, der keinen Hehl daraus macht, dass ihm die jetzige SPD zu wenig links ist. In seinen Gedankenspielen erklärt er die Zeit des Kapitalismus dann auch schon mal für überwunden und gibt Tipps, seine Hände in Unschuld zu waschen: "Ich habe Müll sortiert", Franz Alt gelesen und die taz."

Und die Eintrittskarten für's Kabarett taugten ebenfalls als Beweismittel für eine antikapitalistische Gesinnung. Es gelingt nicht immer, Ekel und Ablehnung im Zaum zu halten: So entstehen Überlängen. Beispielsweise, als er sich am Samstagabend im Albert-Einstein-Forum über den USA-Präsidenten ausließ. Der Kübel voller Verachtung, den er über "George W. Feldbush" ausschüttete, war doch zwei Nummern zu groß. Wer nicht in sein Weltbild passte, wurde kollektiv "abgewatscht".

Ein Beispiel: "So ist er halt, der Konservative - er kann eben nicht denken." Die finanzielle Situation im Lande könne so schlecht nicht sein: "Wer Geld für das Buch von Dieter Bohlen hat, dem geht es noch zu gut", so der 44-jährige, der Kabarett als Breitband-Idiotikum empfahl. Wobei er schnell beim Thema Gesundheitswesen war. Im Zusammenhang mit der Pharmaindustrie stellte er klar: "Man muss was ausgeben, damit man was einnehmen kann." Und: "Die Einnahme von Geld ist langfristig gesünder."

Zur aktuellen Politik, genauer gesagt zu dem von der CDU angestrebten Untersuchungsausschuss wegen Wahlbetruges fiel ihm folgendes ein: "Die staatlich geprüften Lügner und Betrüger beschweren sich, dass sie kopiert worden sind." Nicht zum ersten Mal machte er eine absurde Rechnung auf, in der er Ossis, Bauern, Bergleute, Häftlinge und Kassenärzte gegeneinander aufrechnete. Dabei kamen dann Textaufgaben heraus wie diese: "Wieviele Bauern können wir durchfüttern, wenn wir alle Bergleute einsperren und die Kassenärzte zu Ossis ausbilden?"

Vor dem Hintergrund, dass durch Ärztepfusch jährlich 15.000 Menschen sterben, begrüßte er den angekündigten Dienst nach Vorschrift der Mediziner: "So haben einige der 15.000 noch eine Überlebenschance." Auch die FDP, eine Lieblingszielscheibe Pispers für Spott und Verachtung, bekam selbstverständlich ihr Fett weg. Bei der Lösung der Finanzprobleme maß Volker Pispers den Liberalen große Bedeutung bei: "Die Probleme könnten gelöst werden, wenn die FDP ihre Mitglieder überreden würde, ein halbes Jahr auf Steuerhinterziehung zu verzichten." barni

(NGZ)
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