Kaarst Kaarster Sauna-Pionier wird 95 Jahre alt
Kaarst · 1974 eröffnete Karl Kehrmann das Algarve-Bad. Bis heute ist er der Erste im Betrieb und der Letzte, der gegen Mitternacht die Türen abschließt.
Arbeit ist für Karl Kehrmann die beste Medizin. Den Geschäftsmann interessieren weder Rente noch Ruhestand. Der Eigentümer des Algarve-Bads in Holzbüttgen ist morgens immer der Erste im Betrieb und auch der Letzte, der gegen Mitternacht das Schwimmbecken abdeckt und die Türen hinter sich abschließt. Gestern feierte er seinen 95. Geburtstag im Kreise seiner Mitarbeiter bei einem gemeinsamen Frühstück.
Karl Kehrmann wurde am 12. März 1920 in Hattingen geboren und wuchs in Wesermünde auf. Nach dem Abitur meldete er sich freiwillig zum Wehrdienst. Im Zweiten Weltkrieg erlebte er sowohl den West- als auch den Ostfeldzug. Nach seiner fünften Verwundung kam er 1945 aus Estland schließlich wieder nach Hause. Da ihm die unmittelbare Nachkriegszeit kein Studium ermöglichte, führte ihn sein Weg in den kaufmännischen Bereich. Sein Tatendrang münzte schnell in den Antrieb zur Selbstständigkeit.
Zuerst handelte er mit Baumaterialien, später gründete er in Duisburg ein Recyclingunternehmen für die Abfälle der Hüttenwerke im Ruhrgebiet. Ein geplatzter Privatkredit brachte ihn 1974 in den Besitz einer Immobilie an der Gümpgesbrücke in Holzbüttgen. Der Rohbau war eigentlich als Verlagshaus gedacht, doch ein Architekt riet ihm dort zur Eröffnung eines Wellnesszentrums. "Die Sauna habe ich selbst bereits als Soldat in Russland kennengelernt", erzählt Kehrmann. In Kaarst und Umgebung war er Mitte der 1970er Jahre allerdings noch ein Pionier auf diesem Gebiet. Für den Namen kam eines seiner liebsten Reiseziele in Frage: die Algarve in Portugal. Aber auch dort war er nie nur Urlauber, sondern auch Geschäftsmann - als Eigentümer eines Restaurants und einer Anlage mit Ferienwohnungen.
Das Algarve-Bad besteht heute aus drei Komplexen: Neben dem Haupthaus von 1974 mit Restaurant und Wintergarten wurden später ein weiteres Gebäude mit Sauna und Dampfbad sowie ein Bereich mit Schwimmbad und großem Außenbecken errichtet. Insgesamt erstreckt sich das Wellnesszentrum heute über 7000 Quadratmeter.
Ein bis zweimal pro Woche geht Karl Kehrmann, der im Haus auch wohnt, selbst in die Sauna. Neben dem klassischen Aufguss stehen ihm und seinen Gästen Deutschlands größte Infrarot-Tiefensauna sowie die "Salina Vita Oase" mit der Vernebelung von Meereswasserextrakten zur Verfügung. "Auch das hilft mir dabei, dass ich mich gesund fühle und nicht über mein Alter nachdenke", so der 95-Jährige.
Der einzig sichtbare Tribut an sein Alter ist der Gehstock, der allerdings einer Kriegsverletzung am Fuß geschuldet ist. Und eigentlich flitzt Karl Kehrmann auch damit noch flink vorneweg. Ebenso ist der Computer im Büro für ihn kein neumodisches Hindernis: Alle seine Aufgaben kann er daran erledigen, auch E-Mails schreiben. Für den rüstigen Unruheständler ist das selbstverständlich: "Es ist wie immer im Leben", sagt er. "Man schnappt was auf und lernt stets dazu".