Verkehrsübungsplatz in Kaarst Voll in die Eisen beim Fahrsicherheitstraining

Kaarst · Eine Vollbremsung auf rutschigem Grund? Parken wie James Bond? Beim Pkw-Basis-Training lernt NGZ-Reporterin Maren Könemann alles übers Bremsen, Lenken und die richtige Blickführung.

Ich will ehrlich sein: Vor der ersten Vollbremsung war ich ganz schön aufgeregt. Wie stark muss ich treten? Wie reagiert mein Auto? Und: Habe ich das überhaupt schon mal gemacht? So viele Fragen, und keine Zeit für Antworten, denn schon höre ich die Stimme des Fahrtrainers aus dem Walkie-Talkie in meinem Auto rufen: „Der Nächste!“. Gemeint bin ich. Okay, denke ich mir, wird schon. Ich beschleunige auf 50 Kilometer pro Stunde, erreiche die orangenen Hütchen, trete die Bremse, und wiege meinen weißen südkoreanischen Kleinwagen in eine kuschelige Bremsung. Toll, das war alles, nur keine Vollbremsung.

Aber das ist offenbar normal. „Die meisten bremsen am Anfang zu zaghaft“, verrät mir Fahrsicherheitstrainer Sven Rohdmann (52) schließlich. Seit fast sieben Jahren führt Rohdmann als „externer Dienstleister“ des ADAC Fahrsicherheitszentrums Grevenbroich verschiedenste Trainings durch, darunter auch das Pkw-Basis-Training auf dem Verkehrsübungsplatz in Kaarst. Dafür sind neben mir noch sechs weitere Teilnehmer angereist, darunter auch Fahranfänger und solche, die vom Arbeitgeber oder vom Gericht geschickt wurden.

Mittlerweile haben wir die erste Runde über den Platz mit Vollbremsung geschafft. Rohdmanns hartes Urteil: „Die einzige Vollbremsung kam vom Smart.“ Der Smart-Besitzer freut sich, alle anderen antworten mit betretenem Schweigen. Also müssen wir erneut ran, diesmal sollen wir „so richtig auf die Bremse hauen“, sagt Rohdmann, und stampft dabei mit seinem Fuß kräftig auf den Boden. So fest?, denke ich mir. Okay... Die zweite Runde läuft besser. Trotzdem müssen wir noch einmal eine Trockenübung im stehenden Auto ablegen; dabei trete ich die Bremse so fest ich nur kann: Beim etwa zehnten Versuch ist Rohdmann zufrieden. „Meine armen Reifen“, entgegne ich ihm schließlich in Gedanken an die nächste Inspektion. Doch Rohdmann findet: „Die langweilen sich doch schon.“

Und weil dem wohl so ist, wird die Vollbremsung nicht nur bei 30, 50 oder gar 70 km/h ausprobiert, sondern auch in einer steilen Kurve und auf unterschiedlichen Untergründen: trockener Apshalt, nasser Asphalt, trockenes und nasses Kopfsteinpflaster sowie eine Mischung aus Kopfsteinpflaster und rutschiger Metallplatte – ebenfalls nass und trocken. „Das ist genau das, was wir draußen auch erleben. Aber damit können wir die Leute jedes Mal überraschen“, sagt Rohdmann. Und tatsächlich: Während mein kleiner Hyundai bei 30 km/h auf nassem Kopfsteinpflaster ohne Probleme zum Stehen kommt, rutscht er bei etwa 50 km/h bereits gehörig herum. Mehr noch: Beim Einsetzen der Handbremse in einer Vollbremsung auf Mischbelag werde ich ganz schön durchgeschüttelt und komme im 90-Grad-Winkel zu meiner Fahrtrichtung zum Stehen. Puh, fast wie das Einparken in einem James-Bond-Film. So etwas hätte ich im Alltag wohl niemals ausprobiert.

Aber genau deswegen bin ich hier. „Probiert aus, was euer Auto kann“, rät Rohdmann immer wieder. Neben diversen praktischen Übungen zur Brems- und Lenktechnik und der Blickführung erhalten wir aber auch eine gute Portion Theorie im kleinen Schulungsraum nebenan. Reifen sollten zum Beispiel höchstens sechs Jahre alt sein, lerne ich. Und der Bremsweg eines Autos ist bei hoher Geschwindigkeit schockierend lang: 43 Meter bei 70 km/h – davon gehen allein 20 Meter für die Reaktion verloren. Solche Informationen überraschen auch die jüngeren Teilnehmer. Der 21-jährige Jan Vincent Schrötter hat nach seiner bestandenen Führerschein-Prüfung vor einigen Monaten einen Gutschein für das Training erhalten. Er sei früher ein richtiger Raudi gewesen, erzählt er. In Zukunft wird er aber definitiv vorsichtiger fahren: „Dass der Smart so krass ausbricht, hätte ich vorher nicht gedacht. Ich weiß jetzt, wo das Auto seine Grenzen hat.“ Und ich? Halte künftig definitiv mehr Abstand.

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