Ukrainerinnen seit März auf der Flucht „Wir sind allen Kaarstern sehr dankbar“
Büttgen · Vor sechs Monaten brach über die Ukraine der Krieg herein. Seitdem sind viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Drei Mütter, die im März mit ihren Kindern nach Kaarst geflüchtet sind, sprechen über ihre Erfahrungen.
Aleksandra Zubarieva hat extra einen Kuchen in den ukrainischen Landesfarben gebacken: Gelb-Blau, in der Mitte Erdbeeren und viel Sahne. Die Gastfreundschaft ist trotz ihrer Situation überwältigend. Zubarieva ist eine von drei Ukrainerinnen, die in Büttgen zusammengekommen sind, um mit unserer Redaktion über ihre Erfahrungen in den vergangenen Monaten zu sprechen. Vor einem halben Jahr startete Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Am 24. Februar fielen die ersten Bomben. Seitdem sind Zubarieva (40), Vita Vaschenko (36) und Liliia Kuksa (38) auf der Flucht. Im März kamen die drei Frauen nach Kaarst und leben seitdem in der Stadt. Als sie über ihre Erfahrungen sprechen, fließen Tränen, weil alles wieder hochkommt: die Angst um ihre Kinder, ihre Männer, ihre Familie, ihr Heimatland.
Da die Ukrainerinnen noch nicht so gut Deutsch sprechen, ist Yana Goncharova als Übersetzerin dabei. Auch sie stammt aus der Ukraine, lebt aber schon länger in Kaarst. Sie hilft den Flüchtlingen, wo sie kann, sei es beim Ausfüllen von Dokumenten oder beim Übersetzen auf den Ämtern. Dafür sind die drei Frauen unheimlich dankbar. So wie allen Kaarster Bürgern, die sie gut aufgenommen haben. „Wir sind gut angekommen in Deutschland und fühlen uns hier in Sicherheit“, sagt Lillia Kuksa, ergänzt im nächsten Satz aber: „Wir wollen aber lieber mit unseren Männern zusammensein.“ Die Männer der drei Frauen mussten in der Ukraine bleiben, um ihr Land zu verteidigen. Aleksandras Ehemann blieb freiwillig und hilft als Volunteer in einem Krankenhaus, die anderen beiden kämpfen an der Front. „Wir haben jeden Tag Kontakt zu unseren Männern. Sie müssen unsere Heimat verteidigen“, sagt Vita Vaschenko. Selbst, wenn sie das Land verlassen dürften, würden sie dort bleiben. „Sie verteidigen nicht nur die Ukraine, sondern ganz Europa“, sagt Liliia Kuksa.
An ihre Ankunft in Deutschland können sich die drei Mütter von insgesamt fünf Kindern im Alter zwischen sieben und 15 Jahren noch erinnern. Vaschenko und Kuksa haben in der Ukraine gemeinsam gearbeitet und sind über vier Tage lang in einem Auto geflohen. Kuksas Mann hat einen Bekannten in Holzbüttgen, zu dem sie gefahren sind. Zubarieva flüchtete ebenfalls mit dem Auto. Allerdings nur bis zur Grenze, danach ging es mit dem Bus und der Bahn weiter nach Berlin, von dort aus nach Kaarst. Ihr Onkel und ihre Tante waren schon vorher gekommen. Und in Kaarst haben die drei, die in der Ukraine alle ein Studium abgeschlossen haben, „nur Menschen mit einem großen Herz“ getroffen, wie Zubarieva erklärt. Vor allem die kfd Vorst hat sie anfangs tatkräftig unterstützt – und macht es auch heute noch. „Sie kamen nur mit einer Sporttasche hier an, wir haben dann Kleidung für sie besorgt und später Tornister und Schulsachen für die Kinder“, erklärt kfd-Mitglied Lydia Thomasen. Auch die Sportfreunde Vorst oder die St.-Eustachius-Schützenbruderschaft waren eine große Hilfe. „Wir sind allen sehr, sehr dankbar für alles“, sagt Zubarieva. Zuerst wohnten sie in einem Container in Vorst, mittlerweile haben sie dank Thomasen und der kfd alle eine eigene Wohnung. Die drei Frauen lernen jeden Tag Deutsch, damit sie einen Job bekommen. Im Jobcenter waren sie bereits. Doch die Sprachbarriere bereitet ihnen noch ein paar Sorgen.
Zubarieva, Kuksa und Vaschenko wollen auf jeden Fall wieder zurück in die Ukraine, wenn der Krieg vorbei ist. „Das ist unsere Heimat, dort sind unsere Männer und Familien“, so Koksa. Auch die Kinder wünschen sich nichts mehr als Frieden in ihrem Land. Neben all den Tränen sieht man die Frauen zwischendurch aber auch lachen. Es ist ein Lachen der Hoffnung auf das Ende des Krieges und die Rückkehr in die Ukraine.