„Metzger waren erst erschrocken“ Kaarster Supermarkt führt vegane „Fleischtheke“ ein

Kaarst · Thomas Röttcher geht mit dem Trend: In seinem Rewe-Markt an der Neusser Straße in Kaarst hat der Unternehmer nun eine vegane Bedientheke eröffnet. Das Echo ist groß, die Kunden finden das neue Angebot durchweg positiv.

Im Rewe-Markt an der Neusser Straße in Kaarst werden seit einigen Tagen 35 vegane Produkte in einer eigenen Bedientheke angeboten. Geleitet wird die Abteilung von einer Veganerin.

Im Rewe-Markt an der Neusser Straße in Kaarst werden seit einigen Tagen 35 vegane Produkte in einer eigenen Bedientheke angeboten. Geleitet wird die Abteilung von einer Veganerin.

Foto: Stephan Seeger

Dass Thomas Röttcher bekannt für neue Ideen ist, ist bekannt. Mit seinem neuesten Projekt hat der Inhaber des Rewe-Marktes an der Neusser Straße in Kaarst nun aber einen wahren Hype ausgelöst. Seit kurzem gibt es direkt neben der Fleischtheke eine vegane Bedientheke. Dort können Kunden 35 verschiedene Produkte wählen: Es gibt Fleischsalat, Eiersalat, Lyoner Wurst, Gouda, Cheddar, Camembert oder sogar vegane Rinder- und Schweinesteaks und Hackfleisch.

„Ich beobachte den Trend schon länger. Nach dem Umbau des Marktes im vergangenen Jahr haben wir im Bereich vegan eine Umsatzsteigerung von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Das hat mich motiviert, die eingeschlagene Richtung weiter zu verfolgen“, erklärt Röttcher im Gespräch mit unserer Redaktion. Schon damals habe er die vegane Abteilung vergrößert und in die Obstabteilung verlagert und so den Grundstein gelegt. „Wir haben dann gesagt, dass wir eine vegane Bedienungstheke brauchen“, so Röttcher.

Rewe startete vor rund vier Wochen das Projekt vegane Bedientheke. „Da wollte ich dabei sein“, so Röttcher. In Köln lernte er dann die Lieferanten kennen und wurde in die Produktherstellung und die Inhaltsstoffe eingewiesen. Röttcher selbst hat alle 35 Produkte probiert und sich für die vegane Bedientheke extra neue Schalen, eine Aufschnittmaschine und neue Brettchen besorgt. „Ich bin zwar ein großer Fleischfan, aber der Geschmack hat mich sehr überzeugt“, sagt Röttcher. Bei den Produkten werde mit richtigen Zutaten gearbeitet, in vielen seien keine Konservierungsstoffe enthalten. „Die Farbe bei rotem Fleisch beispielsweise ist Rote Beete“, so Röttcher. Mittlerweile werden viele Geschmacksstoffe aus natürlichen Zutaten gewonnen, sagt er.

In Kaarst ist er somit Vorreiter. Röttcher weiß aber auch, dass das Thema vegane Ernährung für Diskussionen sorgt. Davor schrecke er aber nicht zurück. „Als ich meinen Metzgern von der Idee erzählt habe, waren sie im ersten Moment erschrocken“, erinnert sich Röttcher. Eine Mitarbeiterin der Metzgerei sei selbst Veganerin, habe aber bislang kein Problem damit gehabt, richtiges Fleisch zu verkaufen. Nun ist sie Abteilungsleiterin der veganen Bedientheke. „Sie kann die Kunden perfekt beraten“, so Röttcher.

Und der Hype um seine neue Idee hat ganz Deutschland erreicht, von überall erhalte Thomas Röttcher Glückwünsche und Presseanfragen. Auch auf Social Media läuft die vegane Bedientheke wie geschnitten Brot: 12.000 Menschen haben sich die Fotos auf seiner Facebook-Seite angeschaut, es gibt mittlerweile über 200 Kommentare, der Post wurde mehr als 50 Mal geteilt. Und fast alle äußern sich positiv über die Neuerung in seinem Supermarkt. Auch die Kunden, die an der Theke einkaufen, sind alle positiv gestimmt und freuen sich über das neue Angebot.

Dass die Industrie auf das sich ändernde Konsumverhalten der Kunden reagiert, zeigen auch die Produktionszahlen, die das Statistische Bundesamt Anfang Mai veröffentlichte: Im Jahr 2021 produzierten die Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr knapp 17 Prozent mehr Fleischersatzprodukte, im Vergleich zum Jahr 2019 erhöhte sich die Produktion sogar um 62,2 Prozent. Somit wurden im Jahr 2021 97.900 Tonnen Fleischersatzprodukte produziert, im Vorjahr waren es rund 83.700 Tonnen und zwei Jahre zuvor noch 60.400 Tonnen. Der Wert dieser Produkte erhöhte sich im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um 22,2 Prozent auf 458,2 Millionen Euro (2020: 374,9 Millionen Euro).

Der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch hingegen lag nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im vergangenen Jahr bei 55 Kilogramm pro Kopf. Das war ein Rückgang um zwölf Prozent verglichen mit 2011 und der niedrigste Wert seit Beginn der Berechnung im Jahr 1989.

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