Necati Özen aus Kaarst Comiczeichner trotz Handicap

Kaarst · Necati Özen ist vielen Kaarstern bekannt: Zum einen arbeitet er im Kunstcafé Einblick, zum anderen ist er der „heimliche“ Star unter den Künstlern im Team des Ateliers von Brigitte Albrecht. Sein neues Werk ist schon fertig.

 Necati Özen setzt in seinen cartoonhaften Zeichnungen Wut, Entsetzen, Traurigkeit, aber auch Neugierde, Vorfreude und Hoffnung gekonnt um.   NGZ-Foto: Salzburg

Necati Özen setzt in seinen cartoonhaften Zeichnungen Wut, Entsetzen, Traurigkeit, aber auch Neugierde, Vorfreude und Hoffnung gekonnt um. NGZ-Foto: Salzburg

Foto: Georg Salzburg (salz)

Eigentlich hätte Necati Özen bei der Leipziger Buchmesse seinen mittlerweile zweiten Comic einer breiten Öffentlichkeit vorstellen sollen. Doch aufgrund der Corona-Pandemie fiel nicht nur das Event aus, sondern bislang auch die Veröffentlichung des Comics. Dabei verbirgt sich dahinter eine beachtliche Projektarbeit, die zwei Menschen – zwar auf Distanz, aber doch gemeinsam – umgesetzt haben. Denn Andrea Lauer, Autorin für einfache Sprache aus Berlin, lieferte die Geschichte, und Necati Özen aus Kaarst die Illustrationen.

Özen ist vielen Kaarstern bekannt: Zum einen zählt er zum Team der Mitarbeiter mit geistiger Beeinträchtigung im Kunstcafé Einblick, zum anderen ist er der „heimliche“ Star unter den Künstlern im Team des Ateliers von Brigitte Albrecht. Seine farbenfrohen Hingucker – insbesondere seine Arche Noah – haben schon einige Abnehmer gefunden.

Sein Talent fiel auch Mitarbeitern der Lebenshilfe Berlin auf, die ihn bei einem Literaturfestival in Dresden trafen. Dort stellte Andrea Lauer ihre Geschichte in einfacher Sprache vor. „Necati malte währenddessen und da wurde er gefragt, ob er die Geschichte nicht illustrieren könne als Comic“, erinnert sich Brigitte Albrecht. Da sie ihn zu der Zeit nicht unterstützen konnte, musste sich Necati Özen alles autodidaktisch erschließen. „Das war schon eine große Leistung, den Auftrag ‚male zu den Szenen‘ umzusetzen“, sagt Albrecht.

Denn der 32-Jährige hat eine eingeschränkte Lesekompetenz sowie Probleme mit Sprache, Artikulation und Formulierung seiner Gedanken. Dennoch hat er sich Szene für Szene der Geschichte erschlossen. In ihrer ersten Erzählung „Gerettet“ beschreibt Andrea Lauer das eintönige Leben von Anja, einer jungen Frau mit geistiger Beeinträchtigung: das Fahren mit dem Werkstattbus sowie das ständige Behütet-Sein. Bis sie eines Tages den Bus verpasst, auf sich allein gestellt ist, Abenteuer erlebt und letztlich sogar ein Kätzchen rettet.

Insgesamt 72 Bilder hat Necati Özen dazu gemalt. „Etwa drei Monate habe ich dafür gebraucht“, erzählt er. Das sei so schnell gegangen, weil er zunächst mit schwarzem Edding gezeichnet hatte. „Doch dann musste jedes einzelne Bild per Hand nachcoloriert werden“, so Albrecht. Zudem musste er drei Abschnitte nochmals malen. Grund dafür: Andrea Lauer hatte in ihre Erzählung eine Rückblende eingebaut. Dies hatte sich Necati nicht sofort erschlossen und er musste die Hauptperson erneut malen – als kleines Mädchen.

Weil das erste Projekt so erfolgreich war, schrieb Andrea Lauer eine Fortsetzung und Necati Özen erstellte erneut die Illustrationen. Dieses Mal ist die Geschichte weit dramatischer: Denn die Protagonistin wird im Werkstattbus wieder zurück ins Wohnheim gefahren und gezwungen, ihr Kätzchen abzugeben. Wie der Titel „Gekämpft“ vermuten lässt, gibt sie jedoch nicht auf. Necati Özen hat in seinen cartoonhaften Zeichnungen Wut, Entsetzen, Traurigkeit, aber auch Neugierde, Vorfreude und Hoffnung gekonnt umgesetzt.

Er brauchte nur den Hinweis, dass alle Personen immer gleich, die Szenen jedoch unterschiedlich aussehen müssen, erklärt Brigitte Albrecht. Die ehrenamtliche Geschäftsführerin des Kunstcafés Einblick und ehemalige Lehrerin an der Förderschule für geistige Entwicklung ist begeistert von diesem Projekt.

In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass die Autorin Andrea Lauer ihren eigenen Alltag in einfacher Sprache beschrieben hatte.

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