Projekt in Kaarst-Vorst Liebes-Klänge auf dem Tuppenhof

Vorst · 150 Jahre nach der Uraufführung war am Montag der „Liebeslied-Walzer“ im Tuppenhof zu hören. Die bemerkenswerte Aufführung wird nun ins Netz gestellt und kann dann über die Seite der Stadt Kaarst angeklickt werden.

 Bei der Konzert-Aufnahme (v.l.): Benedikt Fuchs, Maximilian Beyer, Emilija Sukyte, Austeja Valusyte, Nora Steuerwald, Johanna Heinen-Abilgaard, Menno Koller und Benjamin Glaubitz.   Foto: Zanin

Bei der Konzert-Aufnahme (v.l.): Benedikt Fuchs, Maximilian Beyer, Emilija Sukyte, Austeja Valusyte, Nora Steuerwald, Johanna Heinen-Abilgaard, Menno Koller und Benjamin Glaubitz. Foto: Zanin

Foto: Melanie Zanin (MZ)

Der Liebeslieder-Walzer ist am 6. Januar 1870 in Wien uraufgeführt worden. Am Klavier saßen damals der Komponist Johannes Brahms und Clara Schumann. Am Montag, gut 150 Jahre später, war der Liebeslied-Walzer im Tuppenhof zu hören. Johanna Heinen-Abilgaard, die an der Schiefbahner Straße in Vorst eine Musikschule hat, setzte damit eine Idee um: Die Aufführung wird ins Netz gestellt und kann dann über die Seite der Stadt angeklickt werden. Ermöglicht wurde das Projekt durch eine finanzielle Förderung des Landes.

„Bitte Ruhe. Film- und Tonaufnahmen laufen“: Dieses Schild an der Außentür der Hofanlage war nicht ohne Grund angebracht worden. Sechs Musiker und zwei Tontechniker gingen professionell vor – Störungen galt es zu vermeiden, zumal man den Vierkanthof nur bis 16 Uhr angemietet hatte. Die Aufwärmgeräusche, um die Stimmbänder auf „Betriebstemperatur“ zu bringen, klangen ungewöhnlich. Erste Proben waren bereits in den Räumen der Musikschule erfolgt. „Ich habe vom Land 7000 Euro bekommen. Das Förderprogramm dient der Unterstützung von Künstlern, die während der Corona-Zeit kaum Aufträge hatten“, sagte die Musikschulleiterin.

Austeja Valusyte und Emiliya Sukyte – beiden stammen aus Litauen – kennt Johanna Heinen-Abilgaard als sehr talentierte Schülerinnen. Emilija studiert noch, Austeja hat ihr Studium bereits abgeschlossen und hat sogar schon einen Lehrauftrag an der Hochschule in Düsseldorf. Den glänzenden schwarzen Flügel hatte die Viersener Firma List vorbeigebracht und gestimmt. Das Budget machte es aber auch möglich, talentierte junge Leute, die nicht aus der Region kommen, zu verpflichten. Nora Steuerwald, die Mezzo-Sopranistin mit dem langen Kleid in Zartrosa, war aus Leipzig angereist. Tenor Benjamin Glaubitz – er ist im Kreuzchor großgeworden und arbeitet normalerweise als Konzertsänger – kommt aus Dresden. Menno Koller hingegen unterrichtet an der Musikschule und als Sopranistin war die Organisatorin mit eingebunden. Benedikt Fuchs und Maximilian Beyer sorgten für den guten Ton und ein klares Bild.

Die Akustik in der alten Scheune bezeichneten die zwei jungen Männer diplomatisch als Herausforderung. Man merkte: Dort arbeiten Menschen, die ihren Job lieben. Und die viel zu lange darauf warten mussten, ihn wieder ausüben zu dürfen. Singen mit Mund-Nasen-Schutz geht nicht, deshalb hatten sich vorher alle Akteure auf Corona testen lassen. Das sei vor allem deshalb ratsam gewesen, weil selbst ein milder Verlauf die Stimmen der Profi-Musiker nachhaltig schädigen könne.

„Wir sind sehr dankbar für das Künstlerstipendium“, sagte Johanna Heinen-Abilgaard. Und sie fügte hinzu: „Das ist alles andere als selbstverständlich.“ Das Land NRW erwarte, dass die Fördermittel „möglichst bühnenwirksam“ ausgegeben und dass die Ergebnisse auch einem Publikum zugänglich gemacht werden. Wie sie ausgerechnet auf Brahms gekommen sei: „Seine Kompositionen passen gut zu den beiden Vollblutpianistinnen.“

Kulturmanager Dieter Güsgen hatte den Aufnahmeort auf Anfrage vermittelt. Das Gros der Stücke ist für vier Stimmen komponiert worden. Der erste Teil besteht aus 18 Stücken. Sie haben so hoch romantische Titel wie „Rede, Mädchen, allzu liebes…“ oder „Nachtigall, sie singt so schön“. „Der Dauerdreivierteltakt bringt einen schönen Schwung“, schwärmte die Musikschul-Leiterin. Aus den einige Stunden dauernden Aufnahmen werden rund 30 Minuten Musik gewonnen.

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