Kabarett-Auftritt in Kaarst Jürgen Becker macht „deutsche Ängste“ zum Thema

Kaarst · Digitalisierung, Technik-Wahn – Gesundheitssystem: Nur drei Themen, die Kabarettist Jürgen Becker jetzt im Albert-Einstein-Forum aufgegriffen hat.

 Jürgen Becker war wieder mal in Kaarst zu Gast.

Jürgen Becker war wieder mal in Kaarst zu Gast.

Foto: Jürgen Becker/jürgen becker

Jürgen Becker ist jemand, der mit unschlagbar viel Humor seine Thesen vertritt. Dass er beim Publikum nach wie vor beliebt ist, wurde am Samstag deutlich: Sein Programm „Die Ursache liegt in der Zukunft“ sorgte für ein restlos ausverkauftes Albert-Einstein-Forum.

Wahrscheinlich um die Menschen auf eine andere, aus seiner Sicht bessere, Welt einzustimmen, arbeitete sich Becker erstmal an den Ängsten der Deutschen ab. „Jesus war ein Deutscher – er hatte eine Reiserücktrittsversicherung“, lästerte der Kölner. „Wenn ich jünger wäre, würde ich Installateur werden“, sagte der Weißschopf, der sich auch der Digitalisierung widmete: „Ich habe zehnmal FDP gegoogelt und habe anschließend Angebote für Antidepressiva bekommen.“

Die Konzerne, die einen auf Schritt und Tritt im Visier haben, das ist für Zeitgenossen vom Schlage eines Jürgen Becker ein Angstfaktor, dem er allerdings auf humorvolle Weise gegenübertritt: „Ich habe mein Passwort von Blutwurst in Flönz umgeändert, den Begriff kennt kein Hacker.“ Zu der Wirtschaftsmacht China hat er ein sachliches Verhältnis: „Vor über 2000 Jahren waren uns die Chinesen schon mal weit voraus.“ Und er lästerte: „Auch bei Covid 19 waren die Chinesen vorne.“

Blindes Vertrauen in die Technik ist nicht angebracht. Dafür bekam das Publikum ein Beispiel: Da waren Menschen, die sich vom ihrem Navi zu den Wagner-Festspielen in Bayreuth lotsen lassen wollten, und die über 60 Stunden später ankamen – in Beirut. Becker versetzte sein Publikum in längst vergangene Zeiten, als es beschaulich zuging und die Menschen trotzdem zufrieden waren, als man für drei Mark Monatsbeitrag bei einem Sportverein schwitzte, spazieren ging und die Lieblingsbeschäftigung der Deutschen das Aus-dem-Fenster-gucken war. Und er beamte die Zuschauer zurück in eine Zeit, als SPD und CDU die Wahlen gewannen und vergleichbar waren mit Karstadt und Kaufhof. Die Zeit der Einfachheit war eine Zeit ohne Parship, man lernte sich einfach so kennen. Adam hätte es bei den Heiratsvermittlern schwer gehabt mit folgendem Profil: „Ich laufe beruflich nackt durch den Garten und esse kein Obst.“

Das Gesundheitssystem ist ihm schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Aus dem Zweiklassen-System machte Jürgen Becker jetzt ein Dreiklassen-System für reiche Russen und Araber: Da bringt die Krankenschwester nicht den Nachtisch, da ist die Krankenschwester der Nachtisch.

(barni)
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