Bericht in Kaarst über verheerendes Ahrtal-Hochwasser „Wurden um 500 Jahre zurückgeworfen“

Kaarst · Hubertus Kunz, Alt-Bürgermeister von Mayschoss, berichtete in Kaarst jetzt über das verheerende Ahrtal-Hochwasser, was auch für ihn zu einem Überlebenskampf wurde.

 In „Johnens Tenne“ (v.l:) Hubertus Kunz, Heinz Kampermann und Manfred Mauren.

In „Johnens Tenne“ (v.l:) Hubertus Kunz, Heinz Kampermann und Manfred Mauren.

Foto: Wolfgang Walter

Er klammerte sich in der Nacht zum 15. Juli am Dachfirst fest und erlebte beim Anblick der ständig steigenden Ahr Todesangst: Hubertus Kunz, Alt-Bürgermeister von Mayschoss, erzählte beim Martinsabend des Probus-Clubs Kaarst in Johnens Tenne sehr bewegend über drei Tage im Juli.

Den Kontakt hergestellt hatte Manfred Mauren, an der Ahr ansässig und Freund von Heinz Kampermann, Präsident des Probus-Clubs. Dass die Ahr als „treuer Geselle“ manchmal vorbeischaut und den ihr zugedachten „Besucherraum“ (Keller) flutet, ist für die Einwohner von Mayschoss normal – der Fluss verzieht sich nach einem Tag wieder: „Deshalb waren wir an dem Morgen des 14. Juli auch noch tiefenentspannt“, berichtete Kunz. Am Nachmittag stieg der Pegel in Altenahr bereits auf fünf Meter: „Mit dem Wissen von heute würden wir evakuieren“, meinte Kunz, aber die Menschen hätten sich bestimmt geweigert. Abends ging alles ganz schnell: Das Wasser stand in dem alten Winzerhaus der Familie und sie flüchtete in die umgebaute Scheune, dem Wohnsitz von Kunz Schwiegermutter. Dort spitzte sich die Situation gegen 22.30 Uhr nach Volllaufen des Hofes zu: „Wir müssen aufs Dach“, entschieden die Söhne von Hubertus Kunz. Die Oma wurde kurzerhand in die Dachrinne gesetzt, Kunz versuchte per Mobiltelefon jemanden zu erreichen, der sie rettete.

Doch er bekam nur Kontakt mit einem weinenden Landrat, der den Verlust seines Hauses beklagte – da wusste Kunz, dass der Kreis Ahrweiler keinen funktionierenden Krisenstab hat. In der Nacht kam das Wasser zum Stillstand, die Familie konnte das Dach lebend verlassen. An den nächsten Tag hat Kunz durch den Schock keine Erinnerung. Am Freitag kehrte die Realität mit Macht zurück: Es gab Tote zu beklagen, kein Wasser, keinen Strom, zerstörte Häuser, abgeschnitten von der Außenwelt – „Mayschoss wurde in einer Nacht um 500 Jahre zurückgeworfen“, beschrieb er die Situation. Von 1000 Einwohnern waren 500 betroffen. Hubertus Kunz gründete kurzentschlossen einen Krisenstab, ließ einen Rettungsweg bauen und richtete in der Kirche eine Sammelstelle für Notwendiges ein: „Ich weiß, wie Wunder funktionieren“, sagte der ehemalige Religionslehrer. Er lobte die vielen, oft jugendlichen ehrenamtlichen Helfer, die bis heute kommen: Jeder mache wertschätzend das, was er am besten könne. Die Mitglieder des Probus Clubs waren sehr berührt von den Schilderungen und spendeten individuell für Projekte vor Ort: Versorgung mit warmen Mahlzeiten, Aufbau der Infrastruktur mit Bau einer Kläranlage, Kita-Einrichtungen sowie Spiel- und Sportplätzen.

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