Interview mit Philip Jesse „Wir spüren die Anerkennung der Stadt“

Die Floorballer der DJK Holzbüttgen locken bei ihren Heimspielen rund 200 Zuschauer in die Stadtparkhalle. Wir haben mit dem Abteilungsleiter Philip Jesse über Entwicklung und Perspektiven gesprochen.

 Philip Jesse sieht die Floorball-Entwicklung in Kaarst positiv.

Philip Jesse sieht die Floorball-Entwicklung in Kaarst positiv.

Foto: Christina Münks

Herr Jesse, gegen Berlin hat Ihre Mannschaft den ersten Sieg in der Bundesliga gefeiert. Wie stolz sind Sie?

Philip Jesse Wir haben ja schon gegen die Top-Teams wie Weißenfels oder Wernigerode gute Drittel gespielt und gegen Vizemeister Lilienthal unseren ersten Punkt in der Bundesliga-Geschichte geholt. Nach dem Sieg gegen Berlin war ich schon sehr stolz. Wir dürfen uns jetzt aber nicht ausruhen, sondern müssen nachlegen.

Welche Rolle spielen die Fans?

Jesse Eine sehr große. Wir spielen unsere Heimspiele immer vor fast 200 Leuten, welche Kaarster Sportmannschaft kann das schon von sich behaupten? Alle Gegner haben eine weite Anreise und wir haben ein lautstarkes Publikum, das in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen ist. Die Fans haben uns getragen, und jetzt wollen wir etwas zurückgeben. Der Klassenerhalt ist das oberste Ziel, die entscheidenden Spiele stehen im März an. Dann werden die Karten neu gemischt – und dann hoffe ich, dass uns viele Fans auch zu den Auswärtsspielen begleiten.

Der Aufstieg in die Bundesliga ist das eine. Aber wie wollen Sie den Verein langfristig etablieren?

Jesse Die Rahmenbedingungen müssen weiter verbessert werden, dabei müssen natürlich die ökonomischen Zwänge berücksichtigt werden. Auch wenn wir beim Sponsoring dank der großzügigen Unterstützung lokaler Sponsoren schon starke Verbesserungen erzielen konnten, sind wir hier noch weit von den Spitzenteams entfernt. Die vielen Busfahrten, Übernachtungen und Materialkosten verursachen einen hohen Aufwand, unsere Spieler bekommen keine Zuwendungen. Ihnen gebührt für den enormen Zeitaufwand großer Respekt. Wir hoffen daher auch in Zukunft von anderer Stelle als Leistungssport im Rhein-Kreis-Neuss noch intensiver gefördert werden zu können.

Der Erfolg des Vereins beginnt in der Jugendabteilung. Stimmen Sie dieser Aussage zu?

Jesse Auf jeden Fall. Wir müssen unsere Jugendarbeit intensivieren und professionalisieren. Wir haben immer auf nachhaltige Entwicklung gesetzt. Es nützt keinem was, wenn man ein bis zwei gute Spieler für eine Saison in den Verein holt und danach wieder schauen muss, wie es weiter geht. Die bis hierhin schon erfolgreiche Nachwuchsarbeit muss daher auch noch stärker intensiviert werden.

Floorball hat in Deutschland noch einen relativ geringen Stellenwert, in Skandinavien dagegen einen sehr hohen. Sie haben in Ihrer Mannschaft auch ein paar Skandinavier. Können Sie von den Erfahrungen der Spieler profitieren?

Jesse In einer jungen Sportart wie Floorball bedarf es an Expertise, die wir nicht allein mit dem vorhandenen Personal aufbringen können. Wir schauen uns daher nach längerfristigen Lösungen um. Wie alle Teams der Bundesliga haben wir auch hin und wieder Spieler aus dem skandinavischen Raum im Kader. Aber auch hier gilt es nachhaltig zu arbeiten. Alle Spieler wurden immer bestens integriert und haben sich zu 100 Prozent mit unserem Verein identifiziert. Wir brauchen keine Alleinunterhalter. Ein gutes Beispiel dafür ist Ilari Suuronen, der sogar vor vier Jahren von Finnland ganz nach Deutschland gezogen ist und in einem Kaarster Unternehmen arbeitet. Er ist durch sein Floorball-Know-How eine wichtige Komponente für den Erfolg. Doch auch andere ehemalige Gastspieler halten stets den Kontakt und helfen uns in vielen Belangen tatkräftig weiter. Unser aktueller schwedischer Neuzugang Simon Lange erwägt zum Beispiel in der kommenden Saison gemeinsam mit seinem Bruder für Holzbüttgen aufzulaufen.

Wie groß ist die Unterstützung der Stadt für den Floorball?

Jesse Das größte Problem sind unsere verfügbaren Trainingszeiten. Viele Einheiten finden unter suboptimalen Bedingungen statt: auf einem nicht floorballgerechten Hallenboden oder in kleinen oder halben Hallen. Wir haben immer wieder versucht, Lösungen zu finden. Das Sportstättennutzungskonzept der Stadt Kaarst sollte abgewartet werden, jetzt liegt es auf dem Tisch und wir hoffen sehr, dass wir hierbei bei zukünftigen Planungen eine größere Rolle spielen werden. Sowohl für den Neubau einer Sporthalle für die Gesamtschule Büttgen als auch für eine mögliche neue Halle mit Wettkampfgröße für die Grundschule Stakerseite setzen wir uns ein und haben unser Interesse schon mehrfach bekundet. Wir stehen im ständigen und guten Austausch mit der Stadt, dem Sportausschuss und dem Stadtsportverband und erfahren Unterstützung auf vielen Ebenen.

Im vergangenen Sportausschuss Mitte Oktober wurde von der Politik der Weg für eine überdachte Spielfläche am Bruchweg in Holzbüttgen frei gemacht. Ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung?

Jesse Wir freuen uns daher sehr, dass ein floorballtaugliches Outdoor-Sportfeld in den Planungen am Bruchweg eine Rolle spielt und hoffen sehr, dass dieser verwirklicht wird.  Einige unserer Jugendspieler haben von dem Projekt in Ihrer Zeitung gelesen und fragten schon mit großen Augen, ob sie dann dort jederzeit spielen könnten. Das zeigt ja schon, dass wir hier eine tolle Sache angestoßen haben. Unseren Bedarf an regulären Trainingszeiten wird dieser jedoch nicht verringern können, da Wettbewerbsbedingungen nur in einer Halle verwirklicht werden können.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Sportart Floorball in Deutschland generell?

Jesse Floorball hat sich insgesamt weiter positiv entwickelt. Als offizielle Sportart bei den World Games ist die Vorstufe zu Olympia erreicht. Spiele in der Schweiz, Schweden, Tschechien und Finnland werden live im Fernsehen übertragen. Hier ist das Level der Professionalisierung weit vor Deutschland, es gibt noch viel Bedarf. Doch auch hier sind viele positive Entwicklungen erkennbar. Das letzte Pokal-Finale hatte 2000 Zuschauer – das ist schon eine Hausnummer.

Thema Wahrnehmung in der Öffentlichkeit: Wie hat sich Floorball in der Stadt Kaarst bislang weiterentwickelt?

Jesse Die Wahrnehmung für Floorball in der Stadt Kaarst ist spätestens mit unserem Aufstieg deutlich gestiegen. Auch wenn es sich noch nicht in neuen Hallenzeiten widerspiegelt, merken wir auch die Anerkennung der Stadt und Verwaltung für unsere Arbeit. Mitglieder des Sportausschusses und auch unsere Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus kommen gerne auf einen Besuch bei unseren Heimspielen vorbei. Auch unsere Veranstaltungen wie der Floorball-Schulcup werden von der Stadt unterstützt.

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