Ambulante Hospizbewegung Kaarst Sterbebegleitung per Telefon

Kaarst · Das Coronavirus hat die Arbeit der ambulanten Hospizbewegung komplett auf den Kopf gestellt. Trotzdem möchte niemand auf die Begleitung verzichten. Denn zwischen Ehrenamtlern und Betreuten bestehen oft enge Bindungen.

Der Anspruch der ambulanten Hospizbewegung ist klar formuliert: Sie begleitet Schwerkranke und Sterbende sowie deren Angehörige in häuslicher Umgebung durch Haupt- und Ehrenamtler. Auch in Altenheimen, Krankenhäusern und im Haus der Lebenshilfe in Vorst, dessen Bewohner eine geistige Behinderung haben, werden Menschen betreut. Doch die Corona-Pandemie hat alles verändert.

„Im Haus der Lebenshilfe, in Altenheimen und Krankenhäusern findet derzeit gar keine Betreuung statt“, sagt Andrea Lißke, Geschäftsführerin der Hospizbewegung und Koordinatorin des palliativ-medizinischen Netzwerks im Rhein-Kreis Neuss. Nur ganz vereinzelt kommt es zu einem Telefonat. Der Einsatz der Ehrenamtler im häuslichen Bereich hat sich komplett auf das Telefonieren verlagert. Die rund 30 Ehrenamtler waren sofort bereit, ihren Einsatz auf diese Weise zu leisten – den Betroffenen helfe es auf jeden Fall, einfach „nur“ zu sprechen. Die Situation ist für alle ungewohnt und neu, denn die sonst so geschätzte Nähe fehlt. Die Tätigkeit erinnert jetzt ein bisschen an die Telefonseelsorge. Trotzdem möchte niemand auf die Begleitung verzichten. Denn zwischen Ehrenamtlern und Betreuten bestehen oft enge Bindungen.

Nur ein Mal wurde ein Ausnahme gemacht, als ein Ehrenamtler einen Sterbenden noch ein Mal zu Hause aufsuchte – das Bett konnte auf die Terrasse geschoben werden, es gab genügend Abstand und natürlich Schutzkleidung. Dieses Abschiednehmen war für alle wichtig und Trost spendend. Auch die monatlichen Trauergesprächskreise finden nur noch am Telefon statt: Diese Gespräche sind sehr schwierig, so Andrea Lißke. Sonst tut sie alles, um ihre Mitarbeiter und sich zu schützen. Gespräche im Hospizbüro finden nur nachmittags statt, wenn ein Mitarbeiter alleine vor Ort ist. Ein vom Schreiner angefertigter Spuckschutz aus Sicherheitsglas minimiert die Ansteckungsgefahr.

Besonders schmerzt Andrea Lißke, dass neue Ehrenamtler seit März nicht mehr in den kostenlosen Qualifizierungskursen ausgebildet werden können. Denn die Hospizbewegung ist auch in Zukunft dringend auf sie angewiesen. „Aber das wird alles nachgeholt, sobald es möglich ist“, verspricht Lißke.

Von der Öffentlichkeit fühlt sie sich etwas im Stich gelassen: Die Arbeit mit Sterbenden und deren Familien finde am Rand und oft außerhalb des gesellschaftlichen Gesichtsfeldes statt. Deshalb sei es aktuell auch schwierig, an finanzielle Mittel zu kommen: Spenden gehen praktisch gegen Null. Die 50-prozentigen Zuschüsse zu beantragen, wird schwer, wenn in diesem Jahr so gut wie keine Begleitung stattfindet, erläutert Lißke. Sie hat FFP2-Masken für Ehrenamtler für fünf Euro pro Stück erworben, sollte mehr Kontakt erlaubt sein. Am liebsten hätte sie aber Visiermasken, die auch Mimik garantieren. Wie sie die organisieren kann, weiß sie nicht. Für die Zukunft wünscht sie sich mehr „Aufrüstung“, denn damit ist in Pflege und Begleitung „alles möglich“. Man werde ja noch lange Zeit mit dem Coronavirus leben müssen.

Abschließend stellt Andrea Lißke aber klar: „Wir sind guten Mutes – wie immer!“

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