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Serie Als in Vorst noch Seide gewebt wurde

Vorst · Nicht viele wissen, dass die Vorster maßgeblich zum Erfolg von Krefeld als Seidenweber-Standort beigetragen haben – als Lohnweber.

 Hier sieht man, wie die Kettfäden und die Schussfäden ineinander laufen. Arbeiteten die Vorster Weber damals unsauber, gab es Lohnabzüge.

Hier sieht man, wie die Kettfäden und die Schussfäden ineinander laufen. Arbeiteten die Vorster Weber damals unsauber, gab es Lohnabzüge.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Seit jeher hat die Weberei am linken Niederrhein eine große Tradition – vor allem in Krefeld und Mönchengladbach. Doch verantwortlich für den Ruhm, den etwa Krefeld damals auf diesem Gebiet erlangt hatte, waren nicht zuletzt fleißige Weber aus Kaarst und Büttgen, vor allem aber aus Vorst.

Zu Anfang stand die Leinenweberei im Fokus. Die Gladbacher Mennoniten haben das Leinengewerbe am linken Niederrhein etabliert. „Leinen wuchs hervorragend in dieser Gegend“, weiß Egon Vossen, der sich mit der Geschichte der Weberei auseinandergesetzt hat. Um 1800 wurde Leinen schrittweise abgelöst von der Baumwolle, die über die Seehäfen kam. Vossen: Ab 1840 ging aber auch die Baumwollweberei schrittweise zurück und wurde von der Seidenweberei abgelöst.“

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Foto: Anja Tinter

Die „Seidenbarone“ in Krefeld und Gladbach hatten bald so viel zu tun, dass sie die Nachfrage nicht allein bewältigen konnten und haben daher in umliegenden Städten und Gemeinden nach Lohnwebern gesucht. „Für die Leinenweber in Vorst war es interessant, weil die Arbeit anspruchsvoller und somit auch besser bezahlt war“, sagt Vossen. Gut war die Arbeit trotzdem nicht bezahlt. „Für eine abgewebte Elle (die Maßeinheit damals), gab es einen halben Taler.“ Die sogenannten Ketten und das Schussmaterial erhielten die Lohnweber von den Seidenbaronen. War eine Kette abgewebt, taten sich die Vorster Lohnweber zusammen und machten sich gemeinsam auf den Weg nach Krefeld, um die Stücke dort abzugeben – und ihren Lohn mitzunehmen. Vossen: Sie taten sich zusammen, weil der Weg lang und gefährlich war, vor allem, weil sie die Taschen voller klimpernder Taler hatten.“

Eintrag in Schulchronik zeigt Bedeutung der Weberei

Welche Bedeutung die Weberei damals in Vorst hatte, zeigt ein Eintrag in einer Schulchronik der Vorster Schule von 1880. Vossen: „Dort heißt es, dass 90 Prozent der Jungs nach der Schule in die Weberei gehen wollen.“ Dabei war der Beruf eintönig und körperlich anstrengend. „Eine abzuwebende Kette war damals zwischen 18 und 20 Meter lang. Ein geübter Weber brauchte dazu zwei bis drei Wochen“, sagt Vossen. Gewebt wurde von morgens bis spät abends. Die Webstühle nahmen in den kleinen Weberkaten auch den meisten Platz ein. „Sie standen im größten Raum im Erdgeschoss, daneben gab es nur noch eine Küche. Geschlafen wurde im Obergeschoss.“ Teilweise standen auch mehrere Webstühle in den Katen, die leider heute nicht mehr existieren. Vossen: „Bevor man gemerkt hat, dass sie zeitgeschichtliche Dokumente sind, hatte man sie schon abgerissen.“

Ihre Blütezeit erlebte die Hausweberei in Vorst am Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts. Vor allem mit dem aufkommen der mechanischen Webstühlen und der Errichtung von Fabriken, war der Niedergang der Hausweberei in Vorst besiegelt. Während in einem Adressbuch aus dem Jahr 1904/1905 noch fünf Weberfamilien genannt wurden, erschien im Jahr 1910 zum letzten Mal der Beruf eines Webers in einem öffentlichen Adressbuch. Mit Peter Mölges von der Wattmannstraße in Vorst endete das Kapitel dieses Handwerks.

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