Kaarst In die Schuldenfalle getappt

Kaarst · Kaarst Immer mehr Kaarster Bürger tappen in die Schuldenfalle. Das Beratungsangebot des Sozialdienstes Katholischer Männer in Kaarst nahmen im Vorjahr 125 Haushalte wahr, betroffen waren 260 Personen. 45 Prozent von ihnen waren arbeitslos, 40 Prozent erwerbstätig, die übrigen Rentner, Schüler oder Studenten. In 20 Prozent der Fälle lag die Verschuldung unter 10 000 Euro, rund elf Prozent drückten mehr als 100 000 Euro Schulden.

Die Stadt stellt jährlich 16 000 Euro für die Schuldnerberatung zur Verfügung, die der Sozialdienst katholischer Männer im Haus der Senioren auf der Alte Heerstraße leistet. Auf Initiative der Grünen kam die Verschuldung der Kaarster Bürger jetzt auf die Tagesordnung des Sozialausschusses. Was Susanne Rohner und Franz Esser vom Sozialdienst Katholischer Männer jetzt zu berichten hatten, machte deutlich: Auch in Kaarst geraten immer mehr Familien in die Schuldenfalle - doch der Zuschuss soll dennoch nicht erhöht werden.

Susanne Rohner nannte weitere Zahlen: "60 Prozent der Rat suchenden sind Männer, 83 Prozent Deutsche. 70 Prozent unserer Klienten sind zwischen 30 und 50 Jahre alt, jünger als 30 sind lediglich 12,3 Prozent." Die Tendenz gehe allerdings dahin, dass immer mehr jüngere Menschen in die Schuldenfalle tappen. Der erste Mobiltelefon-Vertrag mit 18 Jahren führe nicht selten schnell zur Überschuldung.

"Wir sind im zehnten Jahr in Kaarst und haben sehr viel Arbeit", so Franz Eßer. Susanne Rohner berichtete von den unerfreulichen Auswirkungen der Überlastung: "Wenn mich jemand anruft, kann ich nur sagen: Sie kommen auf eine Warteliste, ich rufe Sie voraussichtlich in drei bis vier Monaten zurück."

Vor diesem ersten Termin gebe es jedoch in der Regel ein ausführliches Telefonat. Franz Eßer hat folgende Erfahrungen gemacht: "Die Hürde, unsere Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist sehr hoch. Nicht mit Geld umgehen zu können, ist nämlich ein Tabu-Thema." Und: "Viele Rat Suchende verlassen uns pfeifend, weil sie plötzlich wieder eine Perspektive haben."

Die Schuldnerberater kritisierten die aggressiven Vermarktungsmethoden der Geldinstitute, die Kredite für alltäglichen Konsum als etwas ganz Normales darstellten. Walter Boestfleisch (FDP) fragte nach der Dunkelziffer und erfuhr, dass nur rund jeder zehnte Betroffene die Dienste einer Schuldnerberatung in Anspruch nimmt. Eßer vermutet folgende Ursache: "Wer nicht mehr am Konsum teilhaben kann ist außen vor und schämt sich." Ursula Baum (CDU) sprach sich dafür aus, auch weiterhin den Zuschuss von 16 000 Euro jährlich zu gewähren. Sylke Markert (Die Grünen) war das zu wenig: "Das, was die Schuldnerberatung mit diesem Geld leisten können, ist ein Tropfen auf den heißen Stein." Bei den kommenden Haushaltsberatungen sollte überlegt werden, die Mittel aufzustocken.

Wünschenswert - so Susanne Sauter (Die Grünen) - wäre außerdem eine Schuldenprävention, die möglichst schon in der Schule ansetzen müsste. "Das kann ich auch", lautet der Slogan einer Bank, die ihre Kredite anpreist - alles ganz easy. Die Schuldnerberater brachten ein typisches Anwaltsschreiben mit, das an eine Schuldnerin gerichtet war: Vom freundlichen Werbedeutsch ist hier nichts mehr zu spüren, wenn die Schuldenfalle zugeschnappt hat, wird der Ton rau."

(NGZ)
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