Kaarst Gefahrenquelle Nordkanal

Kaarst · Am Samstag ertrank ein 55-jähriger Kaarster, im April 2011 rutschte ein Kleintransporter bei einem Unfall von der Neersener Straße direkt ins Wasser. Erneut werden Fragen nach der Verkehrssicherheit laut.

 Im Oktober 2010 stieg Franjo Rademacher in den Nordkanal – und kam ohne fremde Hilde kaum mehr heraus. Ein halbes Jahr später kam es zu einem Unfall mit glimpflichem Ausgang: Ein Auto stürzte in das Wasser.

Im Oktober 2010 stieg Franjo Rademacher in den Nordkanal – und kam ohne fremde Hilde kaum mehr heraus. Ein halbes Jahr später kam es zu einem Unfall mit glimpflichem Ausgang: Ein Auto stürzte in das Wasser.

Foto: lber, Staniek

Es war wohl ein tragischer Unfall, der sich in der Nacht zum Samstag am Rande der Neersener Straße ereignet hat. Ein 55 Jahre alter Kaarster stürzte vermutlich betrunken eine Böschung hinunter und ertrank im Nordkanal (die NGZ berichtete). Glück im Unglück hatte im April vergangenen Jahres eine Seniorin, die nach dem Zusammenstoß mit einem Kleintransporter mit ihrem Wagen von der Straße ins Wasser rutschte.

Die Feuerwehr konnte sie und ihren Beifahrer befreien. An der Neersener Straße verläuft der Nordkanal direkt an Straße, Fuß- und Radweg entlang. Der Förderkreis Holzbüttgen und die GVV stellten bereits damals die Frage nach der Verkehrssicherheit.

Die GVV ist eine Art Haftpflichtversicherer für Kommunen. Insbesondere für "eventuell unbedacht in den Kanal hineingelangende Kleinkinder", auf die "Wasser eine starke Anziehungskraft" hat, sieht sie eine potenzielle Gefahr.

Die Notwendigkeit, etwas zu tun, hieß es 2011 in einem Schreiben an den Wasser- und Bodenverband Nordkanal (WBVN), ergebe sich daraus, dass das Risiko des Einsinkens und Ertrinkens wegen einer mit 20 bis 30 Zentimeter Wasser überdeckten, circa einen Meter hohen Schlammschicht ausgesprochen tückisch, weil nicht zu erkennen oder zu erwarten sei.

Die Erfahrung, wie schwer es selbst für einen Erwachsenen sein kann, sich aus eigener Kraft aus dem Wasser zu befreien, hat Förderkreisvorsitzender Franjo Rademacher am eigenen Leib gemacht. In einem Selbstversuch stieg er im Oktober 2010 in den Nordkanal — und kam ohne fremde Hilfe kaum mehr heraus. Der Todesfall vom Wochenende hat ihn schockiert.

"Mein zweiter Gedanke war: ,Was gilt hier der Prophet im eigenen Vaterland?'. Möglicherweise hätte dieser Tod verhindert werden können, wenn der Nordkanal entschlammt oder zumindest gesichert gewesen wäre, wie ich es nach meinem Selbstversuch gefordert habe."

Fakt ist: Eine Verkehrssicherungspflicht oder gar eine Pflicht zur Entschlammung aus Sicherheitsgründen besteht für den Eigentümer des Gewässerbettes, also in erster Linie für das Land NRW, rein rechtlich nicht. Anders, sagt die Bezirksregierung, verhalte es sich nur bei künstlich geschaffenen Gefahrenpunkten wie Stegen oder Bauwerken, die "das allgemeine Lebensrisiko eines Fließgewässers nachträglich erhöhen" und für die dann der Betreiber zuständig ist.

Bürgermeister Franz-Josef Moormann, der zugleich auch Vorsitzender des WBVN ist, sagt: "Die Thematik der Verkehrssicherungspflicht für den Nordkanal ist im Verbandsausschuss besprochen worden." Es herrsche dort die Auffassung, dass es sich beim Nordkanal um ein offenes Gewässer handelt, dessen natürliches Umfeld dem üblichen Umfeld anderer offener Gewässer entspricht. "Es dürfte zutreffender Einschätzung entsprechen, die den Nordkanal umgebende Landschaft als natürliches Hindernis für versehentliche Schadensfälle anzusehen. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass diese Grundeinschätzung von unseren Aufsichtsbehörden geteilt wird."

(NGZ/rl)
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