Kaarst Familien Wege aus der Krise zeigen

Kaarst/Korschenbroich · Rund 400 Klienten suchen pro Jahr die Fachleute in der Kaarster Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern auf.

 Psychologin Simone Dirmeier leitet seit einem Jahr die Beratungsstelle.

Psychologin Simone Dirmeier leitet seit einem Jahr die Beratungsstelle.

Foto: "Tinter, Anja (ati)"

"Wäre ich doch bloß früher gekommen." Schon oft habe sie diesen Satz gehört, sagt Hilla Friedrichs, Diplom-Sozialpädagogin in der Kaarster Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der Diakonie Neuss. Diese erleichterte, aber auch bedauernde Äußerung käme immer dann, wenn sie oder einer ihrer fünf Kollegen Familien in Krisensituationen helfen konnten. Ob Schulprobleme, Mobbing, Gewalt, Trotzverhalten, Pubertät, Trennung oder Scheidung der Eltern - die Gründe, weshalb Eltern, Kinder oder Alleinerziehende die evangelische Beratungsstelle aufsuchen, sind vielfältig.

"Unser Beratungsangebot ist sehr niederschwellig", erklärt Diplom-Psychologin Simone Dirmeier, seit einem Jahr Leiterin der Beratungsstelle.

Sobald erste Unsicherheiten oder Konflikte in den Familien auftreten, können Mütter, Väter, Kinder oder Jugendliche einen Termin mit den Mitarbeitern der Familien- und Jugendhilfe vereinbaren. "Die Gespräche sind vertraulich, kostenlos und freiwillig", so Dirmeier.

Bereits seit 1989 gibt es die evangelische Beratungsstelle, die ihren Hauptsitz in Kaarst (Am Neumarkt 5) sowie eine Außenstelle in Korschenbroich hat. Erst seit kurzem sind im Kaarster Team die Diplom-Sozialpädagogin Ulrike de Heuvel und Diplom-Sozialarbeiter Armin Dappen tätig. In Korschenbroich arbeiten Diplom-Sozialpädagogin Angelika Haukenfrers und Hilla Friedrichs sowie Teamassistent Dieter Arntzen.

Rund 400 Klienten betreut die Beratungsstelle pro Jahr. Die Ratsuchenden kommen aus allen Gesellschaftsschichten. Schwerpunkt seien aber Familien aus der Mittelschicht. "Die Fallzahlen haben sich im Laufe der Jahre nicht wesentlich verändert", so Dirmeier. "Aber die Beratungsdauer und -intensität hat zugenommen." Insbesondere bei Trennung und Scheidung der Eltern gebe es mehr Beratungsbedarf, bestätigt Friedrichs. Eine solche Unterstützung könne der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) des Jugendamtes gar nicht leisten, fügt Dappen hinzu. Zudem sei die Hemmschwelle oft größer, sich Rat beim Jugendamt zu holen.

"Viele Eltern fühlen sich überfordert", sagt Haukenfrers. Arbeit, Haushalt, Schule - der Druck auf die Eltern wachse und gleichzeitig gebe es immer weniger Netzwerke für die einzelnen Familien. Daher werden in den Kaarster und Korschenbroicher Familienzentren auch offene Sprechstunden zu Erziehungs- und Familienfragen angeboten.

"Aber jeder Konflikt, jede Krise muss ganz individuell gelöst werden", sagt Dirmeier. Deswegen versucht das Team, mit der gesamten Familie Lösungen zu finden. "Wenn die Oma diejenige ist, die die meiste Erziehungsarbeit leistet, weil die Eltern voll berufstätig sind, versuchen wir auch sie in die Gespräche einzubeziehen ", erklärt Dappen.

"Wir wollen den Eltern die Leichtigkeit und auch die spielerischen Aspekte der Erziehung wieder aufzeigen", sagt Dirmeier. Wenn dies gelungen ist, hört das Team nicht selten: "Wäre ich doch bloß früher gekommen."

(NGZ)
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