Bilder und Objekte von Ilse Diekmann-Bräutigam Dynamik und etwas Mystik

1966, als 24jährige, hatte die in Kaarst lebende Ilse Diekmann-Bräutigam im Saal des Alten Rathauses den Mietvertrag für einen Ballettsaal unterschrieben. Ihre Schule existiert immer noch, wenn auch nicht mehr in Kaarst, sondern in Neuss. Im Ratssaal präsentiert sich die Tänzerin jetzt als Bildende Künstlerin. Ihre zumeist runden Werke sind als ureigene "Seelenbäuerchen" unverkäuflich. Nachdem Dr..Brigitte Splettstößer erfahren hatte, dass die Ballettlehrerin ihrer Tochter auch Bilder und Objekt kreiert, war der Weg ins Alte Rathaus nicht mehr weit.

Die 58-jährige Künstlerin, die bereits als 16-Jährige ein Engagement an der Deutschen Oper am Rhein bekommen hatte, wurde durch Musik und Bühnenbilder zur Malerei inspiriert. Die Witwe des Kammersängers Karl Diekmann hat darüber hinaus sieben Bücher mit Aphorismen geschrieben - Hans Woile las zur Ausstellungseröffnung einige vor. Beeindruckend auch, wie die sieben-jährige Ballettschülerin Lara ein Kunstwerk von seinem Schleier befreite. Ein weiterer Genuss, der dem Vernissage-Publikum vorbehalten geblieben ist: Joseph (58), ein weitgereister Straßenmusikant mit Wohnsitz bei Odessa, erfüllte den ehemaligen Ratssaal mit seinem Gesang.

Zu den Exponaten gehört eine Collage mit Fundstücken, die vor dem Berliner Reichstag zu Zeiten seiner Verhüllung lagen. Auch ein Stück des "Verpackungsmaterials" ist mit dabei. Das Ganze wurde mit Stoff von der Oper drappiert. Die Ballerina in Weiss vor dem weissen Kunstwerk Christos - dieses Foto ist das Herzstück der Collage. Harmonie und stetige Bewegung kommen bei den meisten anderen Werken zum Ausdruck. Die Faszination des Alltäglichen hält durch Fundstücke Einzug in die Arbeiten von Ilse Diekmann-Bräutigam, und manchmal ist auch eine Spur von Tragik mit dabei: So hat die Künstlerin in einem Werk die Scherben eines Autounfalls verarbeitet, dessen Zeugin sie war und der zwei jungen Menschen das Leben kostete.

Der Lebensbaum, aus Sand geformt, symbolisiert mit seinen acht Blumen die insgesamt acht Geschwister. Das Grün der Äste mutiert zu Schmetterlingsflügeln, die Bewegung und Lebendigkeit zum Ausdruck bringen. Das Bild "Der ruhende See" in Tupftechnik gemalt, beeindruckt durch die enorme Tiefenwirkung. Die runden, nur im Ansatz gegenständlichen Arbeiten geben persönliche Empfindungen der Künstlerin wider: Die Beerdigung der Primaballerina, Reiseimpressionen aus Südamerika und vieles mehr.

Die vielschichtigen Ölbilder weisen Strukturen auf, die mitunter an Strudel erinnern und die für Dynamik stehen. Stillstand ist bei Ilse Diekmann-Bräutigam unvorstellbar. Für einen Hauch von Mystik sorgen Versteinerungen, Engel und immer wieder Augen, die das äussere Umfeld des Menschen, aber auch sein Seelenleben fest im Blick haben. Schemenhafte Gestalten möchten durch genaues Hinsehen entdeckt werden. Wer sich allerdings in eines der Werke "verguckt", hat Pech: Die Exponate sind "für nichts auf der Welt" zu kaufen. barni

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