Höchste Auszeichnung für Politikerin aus Neuss Rita Süssmuth erhält Ehrenring des LVR

Neuss/Köln · Mit seiner höchsten Auszeichnung würdigt der Landschaftsverband das unermüdliche Engagement der Politikerin aus Neuss, aber auch ihre Mitmenschlichkeit und ihren Mut zum klaren Wort. Laudator war Ministerpräsident Laschet.

 Ministerpräsident Armin Laschet (l.) hielt die Laudatio auf Rita Süssmuth, die den LVR-Ehrenring erhielt. Zu den ersten Gratulanten gehörten die LVR-Vorsitzende Anne Henk-Holstein und Ulrike Lubek (v.l.)   Foto: U. Weiser/LVR

Ministerpräsident Armin Laschet (l.) hielt die Laudatio auf Rita Süssmuth, die den LVR-Ehrenring erhielt. Zu den ersten Gratulanten gehörten die LVR-Vorsitzende Anne Henk-Holstein und Ulrike Lubek (v.l.) Foto: U. Weiser/LVR

Foto: Landschaftsverband Rheinland/Uwe Weiser/Landschaftsverband Rheinland

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) ist eine regionale Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Köln. Rita Süssmuth ist eine bundesweit bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, beheimatet seit den 1970er Jahren in Neuss. Von nun an sind beide politischen Institutionen miteinander verbunden, denn die viel geehrte Rita Süssmuth ist die 22. Trägerin des „Ehrenrings des Rheinlandes“.

Die LVR-Vorsitzende Anne Henk-Hollstein begründete die Auszeichnung der ehemaligen Bundestagspräsidentin (1988-1998) und Bundesministerin für Jugend, Familie, Gesundheit, Frauen (1985-1988) bei einer Festveranstaltung im Landeshaus am Deutzer Rheinufer so: „Sie erhalten den Ehrenring für ihre große Mitmenschlichkeit, ihre klaren Worte, ihr unermüdliches Tun.“

 Der Ehrenring ist die höchste Auszeichnung des Landschaftsverbandes Rheinland. Preisträgerin 2019: Rita Süssmuth aus Neuss

Der Ehrenring ist die höchste Auszeichnung des Landschaftsverbandes Rheinland. Preisträgerin 2019: Rita Süssmuth aus Neuss

Foto: Landschaftsverband Rheinland/Uwe Weiser/LVR

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der als junger Mann einst Süssmuths Redenschreiber war, ergänzte als Laudator: „Du hast immer gekämpft, warst dabei nie biestig mit deinem persönlich gewinnenden Stil.“

Die Geehrte, die an der Seite ihres Ehemanns Hans Süssmuth nach Köln gekommen war und im Alter von 82 Jahren einen zugleich nachdenklichen, verschmitzten und agilen Eindruck hinterließ, hat „Das Gift des Politischen“ (Titel ihrer 2015 erschienenen Gedanken und Erinnerungen) erfahren, ertragen und mit dem selbst gebrauten Gegengift von Beharrlichkeit, List und Intellektualität zu besiegen versucht. Früh beschrieb sich die aus Aufklärung und Christlicher Soziallehre schöpfende Professorin der Pädagogik als Feministin, was manchem ihrer christdemokratischen Parteifreunde vor 40 Jahren noch schriller in den Ohren geklungen haben dürfte, als das heute der Fall ist. Süssmuth focht für die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter, für Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung, gegen die zwangsweise Isolierung von HIV-Infizierten und für Prävention und Integration von AIDS-Erkrankten.

In Köln würdigte sie das jahrzehntelange Bemühen des LVR (in Westfalen gibt es ein Gegenstück) um diejenigen, die staatliche Hilfe besonders benötigen: körperlich und geistig Kranke, benachteiligte Kinder und Jugendliche, unterstützungsbedürftige Ältere, Zugewanderte. Man hörte und hört bei der 1937 in Wuppertal gebürtigen Christdemokratin immer das Lebensmotto eines anderen bekannten Wuppertalers heraus: Johannes Raus „Versöhnen statt spalten“.

Die Bergpredigt einschließlich der Feindesliebe in die Politik zu übertragen, versuchte Rita Süssmuth allerdings erst gar nicht. Sie meinte rückblickend mit einem Blitzen in ihren Augen: Es gebe im harten politischen Wettstreit auch Maulwurf-Zeiten, wo man unterm Boden weiter kämpfe, um sich schließlich vielleicht doch durchzusetzen. Hier klang eine notfalls bis zur Sturheit ausgreifende Leidenschaftlichkeit um der Sache willen an. Den Kanzler Helmut Kohl (1982-1998), der die Wissenschaftlerin und Frauenforscherin 1985 für sein Kabinett gewonnen hatte, trieb sie gelegentlich auf die sprichwörtliche Palme. Der alterszornige Kohl hatte sie spätestens seit dem gegen ihn gerichteten, letztlich gescheiterten Sturzversuch als CDU-Chef von September 1989 als Rivalin im Visier und schimpfte im Kreis seiner Vertrauten derb über die Undankbarkeit, Treulosigkeit seiner „Entdeckung“.  Sie ihrerseits bewies bürgerliche Noblesse, indem sie Kohls immerwährenden Einsatz für Europa pries: „Wenn Kohl noch lebte, stünde es besser um Europa.“

Laudator Laschet deutete vorsichtig an, dass die Zusammenarbeit mit der neuen Ehrenringträgerin des Rheinlandes nicht einfach gewesen sei. Süssmuth meinte in ihrer Dankrede: „Ja, ich bin anstrengend.“ Was sie noch hinzufügte, werden verbliebene Widersacher als Androhung, die meisten jedoch als hoffnungsvolles Signal vernommen haben: „Ich höre erst auf, wenn ich nicht mehr kann.“ Im Sommer, so verriet Laschet, wird ein neues Buch Süssmuths erscheinen.  Dort wird die aktive Neusser Ruheständlerin, soviel scheint gewiss, wieder den Bogen schlagen zwischen Heimatverbundenheit, Regionalbewusstsein und Weltläufigkeit, zwischen ihrer Verwurzelung im Rheinischen und aufgeschlossen Katholischem, ihrem zeitgemäßen Familienbild und einem überhaupt nicht altersmilden Plädoyer für starke Kommunen als Basis der Demokratie und für ein vereintes Europa mit Bürgern, die Freiheit und Verantwortung als zwei Seiten derselben Medaille verstehen.

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