Kaarst CDU-Ortsverband lässt Dorothea Zillmer fallen

Kaarst · Die Parteimitglieder haben eine Direktkandidaten-Vorschlagsliste für die Kommunalwahl abgestimmt. Die Fraktionschefin ist nicht darauf.

Vier Monate vor der Kommunalwahl im Mai stellt sich die CDU in Kaarst personell neu auf. Auf zwei vorbereitenden Versammlungen der Ortsverbände Büttgen und Kaarst haben die Mitglieder am Dienstag und Mittwoch eine Direktkandidaten-Vorschlagsliste für die einzelnen Wahlkreise abgestimmt. In Büttgen gingen für zehn Wahlkreise zehn vom Ortsverbandsvorstand empfohlene Kandidaten ins Rennen. Ratsmitglied Uschi Baum zum Beispiel, Jugendhilfeausschussvorsitzende und im Mai vergangenen Jahres "abgewählte" Parteigeschäftsführerin, hatte bereits im Vorfeld signalisiert, nicht mehr als Direktkandidatin antreten zu wollen. In Kaarst sah die Situation anders aus. Dort gab es mehr Bewerber als Wahlkreise — eine außergewöhnliche Situation für die CDU.

Nicht auf die Vorschlagsliste des Ortsverbandsvorstands geschafft haben es der 79 Jahre Heinrich Leßmann (Wahlkreis 3), die Vorsitzende der Frauen-Union Elisabeth Füßgen (Wahlkreis 1) und — Dorothea Zillmer (Wahlkreis 6), bislang Chefin der CDU-Ratsfraktion. In Kampfabstimmungen unterlagen sie, zum Teil deutlich, den Favoriten des Parteivorstands. Heinrich Leßmann, seit 45 Jahren im Kaarster Stadtrat, nahm zuvor von sich aus den Hut. Er habe lange mit sich gekämpft und bis zur letzten Minute mit der Entscheidung gerungen, sagte er. "Ich habe allerdings erkannt, dass es Zeit ist, andere ranzulassen."

Leßmann schlug an seiner Stelle den 58 Jahre alten Diplom-Landwirt Heinrich Müllers vor. Müllers unterlag Dagmar Treger. Von 97 anwesenden stimmberechtigten Mitgliedern stimmten 65 für die Kommunalpolitikerin mit Schwerpunkt Kultur. Elisabeth Füßgen musste sich der 32 Jahre alten Gesamtschullehrerin Nadine Graber, Geschäftsführerin der Jungen Union (JU) in Kaarst und Nachfolgerin von Uschi Baum im Amt der Parteigeschäftsführerin, mit 38 zu 57 Stimmen geschlagen geben, Dorothea Zillmer unterlag dem 23 Jahre alten JU-Vorsitzenden Sven Ladeck mit 40 zu 57 Stimmen. Für die 53 Jahre alte Anwältin, die seit fünf Jahren die Fraktion im Rat führt, ist das ein schwerer Schlag.

Die Entscheidung des Vorstands, Zillmer nicht mehr auf die Vorschlagsliste zu setzen, sei sehr deutlich ausgefallen, sagte Ingo Kotzian, zweiter stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Kaarster Ortsverbandschef, am Mittwoch. Die Kommunikation zwischen Fraktions- und Parteispitze habe in den vergangenen zwei Jahren gelitten. "Der Vorstand war schlussendlich der Meinung, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist."

Auslöser für die Dissonanzen war die Entscheidung über das Bürgerbegehren zum Standort der Grundschule Stakerseite im Jahr 2011. Die Auseinandersetzung in der Sache, fraktionsintern und zwischen Fraktions- und Parteivorstand, hat die CDU durchgerüttelt. Weil sich der Parteivorstand, allen voran Stadtverbandschef Lars Christoph, der zugleich auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist, vor der entscheidenden Ratssitzung klar gegen einen Bürgerentscheid — und damit gegen die von Fraktionschefin Dorothea Zillmer favorisierte Bussardstraßenlösung — aussprach, gab es am Ende eine geheime Abstimmung unter Aufhebung der Fraktionsdisziplin.

26 von 44 Ratsmitgliedern stimmten gegen einen Bürgerentscheid und damit ein großer Teil der 22 CDU-Fraktionsmitglieder gegen die ausdrückliche Empfehlung ihrer Vorsitzenden. Die Mehrheitsfraktion im Rat stand vor der Zerreißprobe. Alle Lager wieder zusammenzuführen war in dieser Situation oberste Aufgabe der Funktionsträger. Dorothea Zillmer gelang das nicht. Die Fraktion blieb intern gespalten, das Verhältnis zur Parteispitze war denkbar schlecht.

Bürgermeister Franz-Josef Moormann aus Vorst, der am Mittwochabend als Gast überraschend das Wort bei der Kaarster Versammlung ergriff, stellt sich dennoch klar vor die Vorsitzende — und damit gegen den Parteivorstand. Dorothea Zillmer habe als Fraktionschefin gute Arbeit geleistet und die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt, sagte er. Die Stellungnahme des Verwaltungschefs werteten einige als unangebrachte "Einmischung". Zillmer selbst nahm die Entscheidung des Abends nach außen hin gelassen entgegen. Das politische Mandat sei ihr eine Herzensangelegenheit, sagte sie. Für die Menschen in ihrem Wahlkreis sei die "die" Ansprechpartnerin, dafür spreche auch ihr Wahlergebnis aus 2009. Und: In der Fraktion habe sie eine weitaus große Mehrheit hinter sich.

Die endgültige, rechtsverbindliche Entscheidung darüber, wer bei der Kommunalwahl für die CDU ins Rennen geht, trifft am kommenden Mittwoch die Mitgliederversammlung des Stadtverbands. Sie stimmt über die dargelegten Vorschläge der Ortsverbände ab. Sowohl Heinrich Müllers als auch Elisabeth Füßgen als auch Dorothea Zillmer könnten dann noch einmal ins Rennen gehen.

(NGZ)
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