Kaarst CDU diskutiert über Zukunft der Schule
Kaarst · Mehr als 300 Menschen kamen am Sonntag zum CDU-Neujahrsempfang im Park Inn-Hotel. Festredner und Psychologe Professor Rainer Dollase: "Schulreformen behutsam angehen."
Schnell noch eine Trennwand beiseite schieben, während Rod Mason und seine Hot Five die Wartezeit mit ihrem Jazz verkürzten. Mit ganz so vielen Besuchern hatte der Veranstalter nicht gerechnet. Was auffiel: Mehr noch als in früheren Jahren waren auch Vertreter anderer Parteien zum CDU-Neujahrsempfang gekommen.
Der CDU-Ortsverbandsvorsitzende von Büttgen, Franjo Rademacher, führte durch das rund zweistündige Programm. Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Lars Christoph sprach in seiner Rede drei Schwerpunkte der aktuellen Lokalpolitik an: die Finanzen, Hüngert II sowie die Schulpolitik. Christoph kündigte an, dass die Fraktionszuwendungen möglicherweise gekürzt werden und stimmte die Bürger auf eine mögliche Erhöhung der Grundsteuer ein.
Im Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet Hüngert II kündigte er einen "weiteren intensiven Austausch mit der Bevölkerung" an. Schreckensszenarien wie einer Zerstörung des Ortsbildes oder einem Verkehrschaos werde man entgegenwirken. In Sachen Schulpolitik müsse die Politik den Mut zu klaren Entscheidungen aufbringen, vor allem in Bezug auf die Frage nach dem dritten Grundschul-Standort.
"Bildung heute und morgen — was ist gut für unsere Kinder?" Der Vortrag von Professor Rainer Dollase (67) aus Bielefeld war ebenso unterhaltsam wie informativ. Der Psychologe und Autor, der 40 Jahre lang in der Lehrerausbildung aktiv war, gab wichtige Denkanstöße für möglicherweise in Kaarst anstehende schulpolitische Entscheidungen. Sein Credo: "Die Menschen sind verschieden, aber gleichwertig." Nicht jeder müsse ein Dr. phil. werden. Er warnte vor einem Modernisierungswahn: "Modern ist nicht gleich besser."
So habe die Ganztagsschule in Studien keine positiven Effekte für Jugendliche aus niedrigeren sozialen Schichten oder mit Migrationshintergrund ergeben. Auch gelte es, übersteigerte Erwartungen zu vermeiden: "Mit Pädagogik ist nicht alles zu erreichen — Menschen lassen sich nur schwer verändern." Und er gab zu bedenken, dass das Gesamtschulsystem kein Allheilmittel sei: "PISA-Verlierer waren oft Länder mit Gesamtschulsystem." Eine anderes überraschendes Urteil: "Das gegliederte Schulsystem ist gerade für Migranten gut." Dollase: Die Gesellschaft brauche nicht nur Akademiker. Er warb dafür, "Schulreformen behutsam und mit Sinn für die Realität anzugehen".