Kaarst Bürgerbus-Projekt: Verein schaltet Minister ein

Kaarst · Die Verhandlungen mit den Verkehrsbetrieben stocken. Der Bürgerbusverein hat Verkehrsminister Michael Groschek um Hilfe gebeten.

Alle finden's gut — grundsätzlich, und trotzdem kommt das Bürgerbus-Projekt nicht in Gang. Was in vielen Nachbarkommunen perfekt funktioniert, lässt sich in Kaarst auch nach rund zwei Jahren Planung nicht realisieren.

Bei der Frage, woran das liegt, sind sich der im April 2012 gegründete Bürgerbusverein (BVV), die Stadt und die drei in Kaarst vertretenen Verkehrsbetriebe einig: Der jeweils andere ist Schuld, wobei sich die Verwaltung in diesem Zusammenhang eher als Vermittler sieht — von der sich der Verein aber trotzdem mehr Unterstützung wünscht. Der BVV hat jetzt NRW-Verkehrsminister Michael Groschek angeschrieben und um Unterstützung gebeten.

Klar ist: Der Linienweg ist der Knackpunkt. Der Bürgerbusverein muss zunächst einen Verkehrsbetrieb als verantwortlichen Konzessionspartner gewinnen, die Stadt würde als Finanzier möglicher Defizite fungieren. Diesbezüglich hat es Gespräche mit der Stadt und allen drei Verkehrsbetrieben, zuletzt mit der Busverkehr Rheinland GmbH (BVR) gegeben. Wichtigste Voraussetzung für eine Kooperation ist, dass sich der vom Bürgerbusverein mehrfach überarbeitete Linienweg nicht mit dem ÖPNV-Netz kreuzt. In Kaarst ist das das erste Problem.

So sieht der aktuelle Liniennetzplan des BBV drei Ringlinien vor, die durch eine Umsteigemöglichkeit auf dem Parkplatz an der Pestalozzistraße verbunden sind. Eine Linie führt über den Friedhof, die Broicherseite und das Stadtgebiet von Neuss wieder zum Ausgangspunkt am Pestalozziparkplatz, eine zweite über Holzbüttgen nach Büttgen zur Römerstraße, durchs Heiligenviertel über die Lichtenvoorder Straße und die Novesiastraße wieder nach Kaarst. Linienweg drei bedient die Flachsbleiche, Linning, Alt Werret und führt über den Rottes nach Driesch, am Haus der Lebenshilfe vorbei wieder zum Umsteigeplatz an der Pestalozzistraße.

Aus Sicht der BVR kommt dieses Angebot dem ÖPNV in der Kaarster Stadtmitte, im Bereich der L 44, in den westlichen Randlangen von Büttgen und in Vorst in die Quere. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre der Bürgerbus damit Konkurrenz. Auch Verkehrsminister Michael Groschek führt einem Antwortschreiben an den BVV aus, man habe die Erfahrung gemacht, dass die Verkehrsunternehmen unter wachsendem finanziellen Druck ständen und nur noch dann gewillt seien, die Betreuung für einen Bürgerbusbetrieb zu übernehmen, wenn der Verein ihnen alle eventuellen finanziellen Risiken abnehme, sich noch stärker an der Erledigung der Verwaltungsaufgaben beteilige und die Linienführung in keiner Weise die eigenen Interessen tangiere.

BVV-Vorsitzender Albert Butzmühlen und Schatzmeiter Heinz Ehl haben dafür nur wenig Verständnis. Sämtliche Vorschläge inklusive einer Alternativlösung der Stadt Kaarst seien von den Verkehrsbetrieben pauschal und teilweise unfreundlich abgelehnt worden, sagen sie. Und: "Die eigenwirtschaftlichen Probleme der ÖPNV-Unternehmen sollten kein Hinderungsgrund dafür sein, dass die berechtigten Interessen der Bürger nicht erfüllt werden." Ist also auch mangelnde Kooperationsbereitschaft das Problem? Die BVR hat der Stadt im Oktober mitgeteilt, dass der BVV sämtliche von den Verkehrsbetrieben vorgeschlagenen Möglichkeiten zum Teil ignoriert habe. Das zeige ganz deutlich, heißt es, wie schwierig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei.

Die Stadt kommt zu dem Ergebnis, dass es — wegen der geografischen Struktur und der horizontalen Lage des Nordkanals quer durchs Stadtgebiet— schwierig ist, ein geeignetes Liniennetz für einen Bürgerbus zu finden. Das sei bei einem Vergleich der ÖPNV-Liniennetze in Korschenbroich, Kaarst und Willich aufgefallen. Als mögliche Ergänzung zum bisherigen ÖPNV, heißt es, habe die BVR lediglich die Bereiche Linning, Broicherseite, Weiler- und Buscherhöfe und südliche Teilbereiche von Büttgen genannt. Die einzige Möglichkeit einer Streckenführung bestehe damit vom Linning über die Kaarster Stadtmitte zur Broicherseite. Fraglich, sagt die Stadt, sei aber, ob es für diese Strecke genug Fahrgäste gebe.

Verkehrsminister Groschek hat dem BVV zugesagt, die Bezirksregierung zu bitten, den weiteren Diskussionsprozess zu moderieren.

(NGZ)
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