Tagebau Garzweiler II Umsiedlungsbeauftragte stellt große Verunsicherung fest

Jüchen · Margarete Kranz fordert schnelle Klarheit zum Kohleausstieg fürs Rheinische Revier.

 Margarete Kranz im Vorzeige-Umsiedlungsort Otzenrath. Die frühere Jüchener Bürgermeisterin ist NRW-Umsiedlungsbeauftragte.

Margarete Kranz im Vorzeige-Umsiedlungsort Otzenrath. Die frühere Jüchener Bürgermeisterin ist NRW-Umsiedlungsbeauftragte.

Foto: Gundhild Tillmanns

Otzenrath ist ein Vorzeige-Ort, dessen Entwicklung gerade in der aktuellen Diskussion um die begonnene Umsiedlung von fünf weiteren Dörfern für die Erweiterung des Tagebaus Garzweiler immer wieder gerne positiv vorgeführt wird. In Otzenrath sei der Zusammenhalt der Nachbarschaften und der Vereine durch die Umsiedlung sogar noch gestärkt worden, beobachtet Erik Schöddert, der Leiter des Bereichs Flächenmanagement und Umsiedlung bei RWE. Das kann Margarete Kranz nur bestätigen: „Die Umsiedlung schweißt in der Regel die Menschen zusammen“, sagt die ehemalige Bürgermeisterin von Jüchen, die seit dem Jahr 2009 als ehrenamtlliche Umsiedlungsbeauftragte des Landes NRW tätig ist.

In dieser Funktion ist die 69-Jährige jetzt ganz besonders gefordert, weil die Berliner „Kohlekommission“ nun den Kohleausstieg weitaus früher auch für das Rheinische Revier empfiehlt, als es die NRW-Leitentscheidung von 2016 noch vorgab. „Wir haben gedacht, wir hätten noch bis 2045 Zeit“, sagt Kranz. Und nun seien es nicht einmal mehr elf Jahre. Der Zeitdruck für die Umsiedlung sei für die Betroffenen aber ebenso wenig förderlich wie eine Instrumentalisierung der Umsiedler durch Gruppierungen von außen, die zum Beispiel mit Demonstrationen ganz andere (politische) Ziele verknüpften, als es die Belange der Umsiedler seien: Das sagt Margarete Kranz vor allem auch mit dem Rückblick auf den Sternmarsch nach Keyenberg vom vergangenen Wochenende. Im Nachgang hatten (bei Facebook) sogar Anwohner der Dörfer gegen die Demonstranten demonstriert, weil diese nicht ihre Interessen vertreten hätten.

Wie emotionsgeladen und schwierig der Umsiedlungsprozess für die Betroffenen sein kann, das weiß auch Erik Schöddert: „Die Umsiedlung ist psychologisch wie ein Trauerprozess. Vor allem bei älteren Menschen geht es schließlich um ihr gesamtes Lebenswerk.“ Und Margarete Kranz kennt aus ihrer Praxis Situationen, „in denen gar nichts mehr geht“, wo sie vermitteln und moderieren muss. Beide stellen allerdings auch fest, dass sich „nach der Trauerzeit“ und möglichen harten Kämpfen, so wie es sie auch um den Erhalt in Alt-Otzenrath, -Spenrath und -Holz gegeben hat, relativ schnell am neuen Standort wieder ein festgefügtes „Dorfleben“ mit einer funktionierenden Infrastruktur einstellt. Deshalb seien die Bürgermeister in den Tagebau-Kommunen auch diejenigen, die in ihrer Amtszeit die meisten neuen Kitas und Schulen eröffnet hätten, merkt Kranz, die noch einen ganz besonderen „Draht“ auch zu Otzenrath aus ihrer Amtszeit hat, lächelnd  an: „Ich bin noch jedes Jahr beim Klompenzug in Otzenrath und auch sonst noch zu Schützenfesten in Jüchen eingeladen“, verrät sie. Schließlich ist sie auch noch im Stiftungsrat der Jüchener Bürgerstiftung aktiv, und sie ist Vorsitzende des DRK Wevelinghoven.

Im Fokus ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit wird aber spätestens, nachdem die „Kohlekommission“ die „Bombe hat platzen lassen“, nun ihre Berater- und Unterstützertätigkeit für die Umsiedler stehen. Doch dafür wünscht sich Kranz, wie viele weitere Akteure, „ganz schnell Klarheit und Planungssicherheit zu den Folgen des Kohleausstieges“, sagt sie in Richtung Berlin. Denn die Unruhe und Unsicherheit in der Bevölkerung seien enorm, beklagt die Umsiedlungsbeauftragte.

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