Naturschutz in Jüchen Stadt will mehr Biotope für Insekten schaffen

Jüchen · Die Stadtverwaltung legt im Herbst bei Rath und Wallrath zwei weitere Blühwiesen zum Insektenschutz an. Auch kleinere Flächen sollen neuen Lebensraum und Nahrung bieten.

Stefan Weyerstrass am Blühstreifen am Schulzentrum. Wildblumensamen werden auf weiteren Flächen gesät, um Biotope für Insekten zu schaffen.

Stefan Weyerstrass am Blühstreifen am Schulzentrum. Wildblumensamen werden auf weiteren Flächen gesät, um Biotope für Insekten zu schaffen.

Foto: Dieter Staniek

Biene, Fliege und Co. brauchen Hilfe, der Insektenbestand ist in den vergangenen Jahren erheblich geschrumpft. Die Stadt Jüchen will dagegen halten: Im Herbst werden auf zwei jeweils rund 8000 Quadratmeter großen, bislang landwirtschaftlich genutzten Flächen Blühwiesen angelegt — zum Insektenschutz. Neue Biotope sollen entstehen. Laut Stefan Weyerstrass, bei der Stadt für Naturschutz und Grün zuständig, bestehen dann rund 40 Hektar Blühwiesen auf städtischen Flächen. Über die neuen Projekte informiert die Verwaltung den Umweltausschuss am Donnerstag.

Aber auch kleinere Areale werden als Insekten-Domizile neu gestaltet. So wurde vor wenigen Wochen auf dem Grünstreifen des Parkplatzes am Schulzentrum in Jüchen Bodendecker gegen insektenfreundliche Wildblumensaat ausgetauscht, „Dort wird es im nächsten Jahr schön blühen“, sagt Weyerstrass.

Nötig sind solche Maßnahmen allemal. Vor rund drei Jahren hatte der Entomologische Verein Krefeld Alarm geschlagen. Seine über Jahrzehnte vorgenommenen Messungen ergaben einen immensen Insektenschwund. 2019 bestätigte eine Studie der Technischen Universität München den Trend. Danach sank binnen nur eines Jahrzehnts die Insekten-Biomasse auf den untersuchten Grünlandflächen um zwei Drittel. Im Rhein-Kreis Neuss schlossen der Kreis und die acht angehörigen Kommunen ein „Aktionsbündnis für Insekten“ (ABI). Als Ursachen für den Schwund werden von ABI unter anderem der Strukturwandel in der Landschaft — mit intensiver Land- und Forstwirtschaft sowie Schottergärten —, aber auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Nährstoffeinträge (Überdüngung) und Klimawandel genannt.

„Es ist fünf vor zwölf, die Zahlen sind erschreckend“, sagt Stefan Weyerstrass. „Insekten sind wichtiger Bestandteil der Nahrungskette, etwa für Vögel. Sie sind aber auch für die Bestäubung sehr wichtig“, sagt der städtische Mitarbeiter.

Bereits vor Jahren, im Zuge der Umsiedlung, hatte Jüchen mit der Anlage von Blühwiesen begonnen. So war bei Otzenrath und Spenrath im Schleider Grund eine ökologische Ausgleichsfläche entstanden — „ein vielfältiger Lebensraum mit Büschen, einzelnen Bäumen und kleinen Wasserflächen, der ein-, zweimal im Jahr gemäht wird“, erläutert Weyerstrass.

Auch an anderen Stellen sind auf Betreiben der Stadt Blühwiesen angelegt worden, zwei kommen nun südlich von Rath und bei Wallrath hinzu. Neben dem Aussäen von heimischen Wildblumenmischungen im Herbst sollen dort im Winter Bäume gepflanzt werden. „Kirsche, Apfel, Wildbirne sind für Insekten wichtig“, sagt Weyerstrass, dasselbe gelte auch für Linden. Die Flächen waren von der Stadt erworben worden, um sich Kompensationsflächen für künftig nötige ökologische Ausgleichsmaßnahmen zu sichern - etwa wenn neue Wohngebiete oder Gewerbeflächen geschaffen werden.

Eine Untersuchung, ob die neuen Blühwiesen zu einem höheren Insekten-Vorkommen führen, ist in den vergangenen Jahren nicht erfolgt. Laut Weyerstrass hatte aber ein Büro die Anlage der Blühwiesen bei Otzenrath und Spenrath vor rund 15 Jahren insgesamt drei Jahre begleitet und damals einen Anstieg der Insekten-Population festgestellt.

Die blühende Pracht auf den Wiesen hat, wie Weyerstrass berichtet, schon manchen Bürger auf die Idee gebracht, so etwas im eigenen Garten nachzuahmen. Vorbildcharakter sollen künftig auch kleine Flächen haben, die die Stadt mit Wildblumen zum Blühen bringen will — „Staßenbegleitgrün etwa oder einzelne Baumscheiben“.

Im ABI-Bericht 2019 werden auch Aktivitäten anderer genannt — wie des Naturschutzbundes (Nabu) in Jüchen. Der pflegt etwa nahe 3M eine Obstwiese und hat jetzt dort ein Insektenhotel errichtet. Und auch zum Naturlehrpfad am Schulzentrum gehört eine Obstwiese.

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