Jüchen Otzenraths Saubermann

Jüchen · Vor 16 Jahren kam Reinhold Röhrig mit Ehefrau Frieda aus Kasachstan nach Jüchen. In Otzenrath fand der 71-Jährige eine neue Heimat. Seit acht Jahren sammelt er inzwischen ehrenamtlich Abfall: "Otzenrath soll das sauberste Dorf Deutschlands werden".

 Reinhold Röhrig gehört für viele Otzenrather zum Inventar: Der 71-jährige Kasache kümmert sich um die Sauberkeit im Ort – ehrenamtlich, trotz Thrombosen und einer Herz-OP.

Reinhold Röhrig gehört für viele Otzenrather zum Inventar: Der 71-jährige Kasache kümmert sich um die Sauberkeit im Ort – ehrenamtlich, trotz Thrombosen und einer Herz-OP.

Foto: L.othar BERNS

Zum ersten Mal hat ein Otzenrather die "Dorfreinigungsurkunde" der Dorfgemeinschaft Otzenrath—Spenrath erhalten. Diese Premiere erlebte Reinhold Röhrig, der aus Kasachstan stammt. "Ich möchte, dass Otzenrath das sauberste Dorf von Deutschland wird", erzählt der 71-Jährige lächelnd. Für die Menschen in Otzenrath gehört Reinhold Röhrig auf seinem Fahrrad, dem drauf fest installiertem großen Persilkarton und einigen Müllbeuteln längst zum "Inventar". Fast schon vermisst man ihn, wenn er mal nicht durch Otzenrath zieht, um Unrat und Flaschen aufzusammeln — ehrenamtlich übrigens.

Zwischen zwei und vier 80-Liter-Plastiksäcke voll Unrat deponiert der Senior pro Woche in einer Müllbox der Gemeinde Jüchen. Von dort aus wird der Abfall entsorgt. Hermann-Josef Weidemann, Präsident der Dorfgemeinschaft, lobte bei der Übergabe von Urkunde und Präsentkorb: "Wir sind glücklich, dass Sie tagtäglich durch Ihren Einsatz aber vor allem durch Ihr gutes Beispiel helfen, unser Heimatdorf rein zu halten."

Schon vor den ersten offiziellen Dorfreinigungen ab 2004 hatte Röhrig der Dorfgemeinschaft geholfen, wenn etwa in der ökologischen Ausgleichsfläche Müll gesammelt wurde: "Das war während der Umsiedlungszeit, und überall lag sogar Bauschutt. Das war viel Arbeit." Trotz Thrombosen und einer Herz-OP 1999 engagiert sich der Spätaussiedler. Seit der Operation kann er keinen Beruf mehr ausüben, das Bücken fällt ihm schwer. Ganz alleine, mit einem langen Müllgreifer ausgestattet, sorgt er für mehr Sauberkeit in Otzenrath. "Ich freue mich über die Anerkennung der Menschen", erklärt er seine Motivation, zu Hause nicht auf dem Sofa zu sitzen.

Das war nicht spontan so, denn zunächst hatte die Familie durchaus Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Röhrig erklärt: "Wir sind Deutsche. Als meine Familie unter dem Regime Stalins nach Kasachstan deportiert wurde, war ich noch ein Baby." Deutsch sprechen war fortan verboten, denn: "Dann wurde man als Faschist beschimpft."

Reinhold Röhrig und seine ebenfalls deutschstämmige Frau Frieda heirateten mit 19 Jahren in Kasachstan, lebten dann bei seinen Eltern und zogen fünf Kinder auf. Gemeinsam mit Röhrigs Eltern siedelten sie schließlich aus nach Deutschland und wurden im März 1996 von der Gemeinde Jüchen aufgenommen. Dankbar sagt Reinhold Röhrig: "Wenn du wo lebst, musst du auch etwas tun für deinen Wohnort."

(RP/ac)
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