Jüchen Oberste Denkmalbehörde schreitet ein

Jüchen · Der Rederhof soll nun doch vom Denkmalschutz vor dem Abriss untersucht werden. Heimatforscher Heinz-Walther Gerresheim spricht von einer "großen Kulturschande". Er hat dort Funde aus fränkischer und römischer Zeit gemacht.

Vielleicht ist doch noch etwas vom Rederhof in Bedburdyck, dessen Anfänge ins Jahr 800 zurückdatieren sollen, vor dem Abriss zu retten: Die oberste Denkmalbehörde des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR)/Abtei Brauweiler wird eine Sondierungsgrabung auf dem Hofgelände zwischen Gierather Straße bis zum angrenzenden Friedhof vornehmen.

 In der Maire-Karte hat Gerresheim die Orte seiner Altertumsfunde in Rot markiert.

In der Maire-Karte hat Gerresheim die Orte seiner Altertumsfunde in Rot markiert.

Foto: A.T.

Dafür hat sich jetzt Heinz-Walther Gerresheim eingesetzt, der in unserer Zeitung von dem drohenden Abriss des Rederhofes gelesen hatte. Der 77-jährige Künstler, Heimatforscher und Denkmalschützer aus Büttgen hält seit bereits 60 Jahren Augen und Ohren in der Region offen, wenn es Denkmäler oder Bodenfunde zu bewahren gilt: "Der Abriss des Rederhofes ist eine Schweinerei, eine ganz große Kulturschande", schimpft Gerresheim.

Dass der Hof bereits entkernt und rückwärtig mit dem Abriss begonnen worden sei, "hätte nicht geschehen dürfen. Da haben die Untere und die Obere Denkmalbehörde geschlafen", wirft Gerresheim Gemeinde- und Kreisverwaltung vor. So seien die erforderliche Bauuntersuchung des Hofes versäumt worden und vor allem auch die Unterschutzstellung des Gehöftes, beklagt Gerresheim.

Er hat aber Holzproben aus den Balken des Hofes entnommen und sie zur dendrologischen Untersuchung beim LVR geschickt. Daraus werde es Aufschlüsse auf das Alter des Reiderhofes geben, wie der Rederhof in alten Karten genannt werde. Noch spannendere Aufschlüsse und Konsequenzen erwartet Gerresheim aber aus der Bodenuntersuchung: "Da wird eine Menge herauskommen", sagt er nicht nur in Bezug auf Bodendenkmäler und Funde voraus: In seiner jahrzehntelange Erfahrung habe er etliche Skandale miterlebt, wie mit Neubauten auf Grundstücken Geschäfte gemacht worden seien, unter Umgehung des Denkmalschutzes und auch des Eigentümerwillens, berichtet der 77-Jährige.

Der Reiderhof und seine unmittelbare Umgebung stehen für Gerresheim aus seiner Zeit als Assistent von Dr. Johanna Brandt vom LVR im Fokus. Er hat von 1962 bis 1972 die Kreisaufnahme aller Denkmäler begleitet und hat sporadisch bis ins Jahr 2008 immer wieder Altertumsfunde dort gemacht: Es sind Keramikscherben und ein Trinkgefäß aus der Römerzeit sowie ein Spinnwirbel. Solche Funde werden laut Gerresheim regelmäßig vom Landesmuseum in Bonn erfasst und wissenschaftlich aufgewertet.

Erwiesen sei auch der geografische und historische Zusammenhang des Reiderhofes mit Friedhof und der Kirche in Bedburdyck, wo nicht nur drei römische Gräber gefunden worden seien, sondern auch eine Herkulesfigur und eine Jupitersäule. Der Reiderhof selbst sei ursprünglich ein fränkischer Vierkanthof gewesen, den Katharina Gilles 1968 habe nach alten Vorlagen wieder umbauen lassen, weiß der Heimatforscher, der die Besitzerin auch kennt.

Gerresheim geht sogar davon aus, dass dieses Gehöft ein Königsgut aus der Zeit der Franken gewesen ist. Der Name Reiderhof sei von Ried abgeleitet, also vom Schilf. Und in alten Protokollen der Grafen von Dyck finde sich ein Eintrag über eine Tränke, die bis zum Jüchener Bach hinter dem Reiderhof führte.

"Ich habe meine Erkenntnisse und Funde schon vor Jahren mehrmals gemeldet", sagt Gerresheim. Die Untere und die Obere Denkmalbehörde bei der Gemeinde Jüchen und beim Rhein-Kreis Neuss seien also informiert gewesen. Es sei aber nichts geschehen. Nun setzt der Denkmalschützer noch auf ein Einschreiten der obersten Denkmalbehörde aus Bonn und Brauweiler sozusagen in letzter Sekunde.

Widerlegen lasse sich übrigens auch die vom LVR zunächst vorgelegte Tranchotkarte, wonach der Rederhof erst nach 1830 entstanden sein könne, sagt Gerresheim. Die Originalkarten des napoleonischen Militärs Tranchot seien sehr gut gewesen, umso ungenauer seien die ebenfalls unter dessen Namen gezeichneten Karten seiner Adjutanten gewesen. Hingegen sei im Bedburdycker Urkataster auf der sogenanten Maire-Karte (Maire steht für franz. Bürgermeister) der Reiderhof verzeichnet. Und Gerresheim hat auf dieser Karte die Orte seiner Altertumsfunde in Rot markiert.

(NGZ)
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