Jüchen Mit Holger Tesmann fehlt dem Rat ein echter Typ

Jüchen · Sogar die politischen Gegner geben zu, den Ex-SPD-Fraktionschef schon zu vermissen. Allen fehlen seine saftig-süffisanten Redebeiträge.

 Vielen fehlen bereits Holger Tesmanns süffisante Beiträge in den politischen Debatten. Der SPD-Fraktionschef wurde im Rat verabschiedet.

Vielen fehlen bereits Holger Tesmanns süffisante Beiträge in den politischen Debatten. Der SPD-Fraktionschef wurde im Rat verabschiedet.

Foto: L. Hammer

"Wanderer, kommst du nach Jüchen". . . dann eilten Neuankömmlingen die Bonmots (manchmal auch Mauvaismots) eines besonderen Fraktionschefs schon "aus dem Volksmunde" voraus. Dies geschah, bevor Mann oder Frau besagten Holger Tesmann überhaupt erst persönlich kennengelernt und erlebt hatten. Schon jetzt, obwohl erst am Donnerstagabend offiziell vom Gemeinderat verabschiedet, fehlen erklärtermaßen auch Tesmanns politischen Gegnern die saftig-süffisanten und zugleich analytischen Beiträge des Chefs der Sozialdemokraten in den Ausschuss- und Ratssitzungen: Das gaben unverblümt Bürgermeister Harald Zillikens (CDU), Norbert Esser (CDU-Fraktionsvorsitzender), aber auch Grünen-Chef Thomas Dederichs zu.

Tesmann konterte das ungewohnte Lob - ganz in seiner Art des pointierten Rhetorikers: "Diese Zustimmung und diesen Applaus aus Ihrer Mitte hätte ich mir viel früher gewünscht," sagte er den Ratsmitgliedern. Tesmann war seit 2004 SPD-Fraktionsvorsitzender. Er übergab im März 2016 den Staffelstab an Holger Witting. Nun wurde Tesmann, wie der Bürgermeister verriet, sozusagen noch einmal zur Ratssitzung einbestellt. Denn Lobreden seien nicht Tesmanns Sache - auch keine über sich selbst. Doch da musste Tesmann am Donnerstagabend nun mal durch.

Tenor der Laudatoren: Die Sitzungen haben mit Tesmann zwar länger gedauert. Es wurde diskutiert, auch gestritten und um die Sache gerungen. Im Nachhinein bleiben aber Tesmanns Schlagfertigkeit und Sprachgewalt, die nicht nur in Politikerkreisen gerne aus den Debatten in Jüchen kolportiert worden sind. Mit einem "Hast du schon gehört, was der Tesmann wieder gesagt hat?" kommt seit seinem Ausscheiden aus Rat und Ausschüssen mittlerweile kein Politiker oder Verwaltungsmitarbeiter mehr nach Hause.

So bedauerte sogar Tesmanns Hauptkontrahent, CDU-Chef Norbert Esser: "Ich vermisse Sie, auch wenn mir jetzt mehr Zeit für zu Hause bleibt", sprach Esser die oft langen Debatten mit Tesmann in Rat und Ausschüssen an. Er erinnerte: "Wir haben ausgeteilt, haben aber auch eingesteckt. Sie waren ein echter Typ in Zeiten, wo es immer weniger davon im Gemeinderat gibt." Bedeutsam das Abschiedsgeschenk der "Schwarzen" an den "Roten": eine Flasche Rotwein, "so dunkel, dass er schon schwarz schimmert", versuchte sich Esser in einem Bonmot à la Tesmann.

Bürgermeister Zillikens erinnerte in seiner Abschiedsrede an die gemeinsame Wahlkampfzeit, als auch Tesmann im Jahr 2014 für den Chefsessel im Rathaus kandidierte: "Sie waren stets ein fairer Gegner, auch im Wahlkampf sind sie fair und offen geblieben." Zillikens lobte Tesmanns analytische Schärfe, mit der er sich in alle relevanten Themen eingearbeitet habe. Der Bürgermeister bescheinigte dem zurückgetretenen SPD-Fraktionschef Leidenschaft und das uneingeschränkte Bestreben, die Gemeinde Jüchen zum Wohle der Allgemeinheit, der Bürger, zu gestalten.

(NGZ)
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