Jüchen Korruption: Kodex oder Charaktersache?

Jüchen · Die Ratsfraktionen sind gespalten in der Frage, ob sie einen Ehrenkodex gegen Korruption aufstellen und unterzeichnen sollen. Die CDU sähe darin ein positives Signal. Die FWG hält ihn für überflüssig. Für die SPD gibt es wichtigere Themen.

 Der "warme Händedruck" ist ein Fall von offensichtlicher Korruption. Sie kann aber auch subtiler und immateriell mit speziellen Gefallen und Absichten verbunden sein. Davon will sich der Gemeinderat distanzieren.

Der "warme Händedruck" ist ein Fall von offensichtlicher Korruption. Sie kann aber auch subtiler und immateriell mit speziellen Gefallen und Absichten verbunden sein. Davon will sich der Gemeinderat distanzieren.

Foto: Becchetti

Plattitüden und vermeintliche Argumente, die gegen mögliche Korruption auch in kleinen, ländlicheren Gemeinden wie Jüchen sprechen sollen, kennt Günther Hassels, der Anti-Korruptionsbeauftragte des Kreises, allzu gut. Deshalb riet er dem Jüchener Gemeinderat zur Aufstellung eines Ehrenkodex' oder einer freiwilligen Selbstverpflichtung gegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme. Sehr unterschiedlich reagieren die Fraktionsvorsitzenden auf diesen Ratschlag, wie eine Umfrage unserer Redaktion ergab.

CDU-Fraktionsvorsitzender Norbert Esser sagt: "Wir sollten uns ernsthaft mit dem Thema beschäftigen. Ich halte es für gut, wenn der Rat einen solchen Ehrenkodex, oder wie immer man es nennen will, für sich aufstellt." Das sei dann auch ein Signal an die Bürger, dass die Kommunalpolitik sensibel mit dem Thema Korruption umgehe, erhofft sich Esser. Er erinnert an seinen Vorschlag aus dem Hauptausschuss, in einer Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses auch für die bis dato noch fehlenden Ratsmitglieder von Günther Hassels den Vortrag erneut halten zu lassen.

Er selbst sei in seinen nunmehr sechs Wahlperioden im Gemeinderat zwar noch nicht in die Situation gekommen, große Bestechungsgeschenke ablehnen zu müssen. "Mir hat noch niemand eine VIP-Karte für ein Schalke-Spiel geschenkt," merkt Esser schmunzelnd an. Er halte aber eine Anti-Korruptionsverpflichtung des Rates vor allem im Bau- und Planungswesen für wichtig sowie ein genaues Abwägen, wer bei welchen Themen befangen sein könne.

Ganz anders sieht SPD-Fraktionsvorsitzender Holger Witting die Frage eines Ehrenkodex' für den Rat: Er halte einen solchen zwar für sinnvoll, sehe sich aber darin nicht von der Mehrheit unterstützt, schließt Witting aus der vergangenen Sitzung des Hauptausschusses. "Es gibt wichtigere Anliegen, denen wir uns widmen müssen", sagt der Sozialdemokrat. FWG-Fraktionsvorsitzender Gerolf Hommel lehnt eine Selbstverpflichtung ebenfalls ab: "Ich brauche die nicht, ich habe mich als Ratsmitglied doch schon verpflichtet, mich an die Gesetze zu halten. Mir reicht das", meint Hommel und fügt hinzu: "Wer sich nicht an die Gesetze halten will, der lässt sich durch eine Selbstverpflichtung auch nicht von Straftaten abhalten. So ein Papier wäre doch nur Makulatur." Stolperfallen sähe Hommel vor allem bei Auftragsvergaben, für ihn sei es aber schlicht und einfach eine Charaktersache, sich auf Korruptionsversuche gar nicht erst einzulassen.

FDP-Fraktionsvorsitzender Konrad Thelen ist hingegen ein Befürworter einer Anti-Korruptionsverpflichtung des Jüchener Gemeinderates. "Ich finde die Idee gut", sagt er, obwohl Korruptionsfälle in Jüchen doch wohl eher selten sein dürften, meint Thelen. Er werde aber das Thema mit in seine Fraktion nehmen und hoffe, dass sich eine Ratsmehrheit für einen Ehrenkodex finden werde.

(NGZ)
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