Dorfmotor aus Otzenrath „Weidi“, der Kämpfer für die Heimat, wird 80 Jahre alt

Jüchen · Hermann-Josef Weidemann, genannt Weidi, hat ein Stück Zeitgeschichte bei der Umsiedlung gespielt. Er hat Otzenrath zu einer neuen Heimat gemacht. Am Mittwoch wird er 80 Jahre alt.

Sollte es über Hermann-Josef Weidemann irgendwann mal ein Buch geben, müsste der Titel lauten: „Ein Leben für Otzenrath-Spenrath“. Denn die Geschicke des umgesiedelten Doppeldorfes sind eng verbunden mit „Weidi“, wie er genannt wird, feiert am Mittwoch seinen 80. Geburtstag.

Das Wort Heimat hatte immer einen großen Stellenwert für ihn - mehrfach hatte er ein Stück Heimat durch den Braunkohletagebau verloren. Noch vor seiner privaten Umsiedlung vom alten ins neue Otzenrath war es seine Kfz-Werkstatt im Nachbarort Garzweiler, die dem Bagger weichen musste.

Weidemanns Vater hatte die Existenz 1954 in Alt- Garzweiler gegründet. Privat wohnte die Familie damals in Spenrath und Weidemann kam deshalb mit sechs Jahren in die alte Otzenrather Schule. Er war sieben Jahre Messdiener. Besonders viele Freunde hatte er damals im Turn- und im Fußballverein. Er sagt: „Mir war deshalb klar, dass wir Traditionen und Gemeinsamkeiten, besonders auch unser Vereinsleben und die ehrenamtliche Arbeit in den neuen Ort mitnehmen mussten, um möglichst viel Lebensqualität für die junge Generation zu erhalten.“

1982 hatte er sich in der Hoffnung auf die Vermeidung einer Umsiedlung bei der „Interessengemeinschaft Otzenrath-Spenrath“ (ITOS) eingebracht - später im „Ausschuss für die Erhaltung unserer Dörfer“ sowie im Ausschuss für die Grundstücksbelegung in den neuen Dörfern. Nie hatte er einer Partei angehört – dennoch hinterließ er positive Spuren im Braunkohle- und Umsiedlungsausschuss der Gemeinde Jüchen. Auch nahm er Einfluss in Verhandlungen und Gespräche mit Prominenten, wie dem damaligen Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes sowie mit den Ministern Klaus Matthiesen und Wolfgang Clement. Dabei lag sein Hauptaugenmerk immer auf dem Erhalt der dörflichen Gemeinschaft und der Vereine.

Ende der 1990er Jahre war für Weidemann der härteste und am meisten belastende Abschnitt der Umsiedlung als Vorsitzender der Dorfgemeinschaft (1975 bis 2015), als Vize des Turnvereins sowie als Mitglied des Bürgerbeirates. RWE Power hatte mit ihm manch harte Nuss zu knacken, denn es hatte teils sehr deutliche Unterschiede gegeben bezüglich der Interessenslagen des Bergabautreibenden und der Umsiedler,- beispielsweise in der Zeit bis zur Realisierung des Kindergartens im neuen Ort oder der Schule, beider Kirchen und vor allem der Turnhalle. Es ist offen, was aus all diesen Projekten ohne seinen persönlichen Einsatz geworden wäre. Weidemann sagt: „Wir sind in Richtung Umsiedlung durch alle Mühlen gedreht worden und es war Schwerstarbeit!“

An diese Zeiten und dazu gleichzeitig an die private Umsiedlung der Familie erinnert sich Weidemanns Ehefrau Marlene immer noch mit Schrecken. Wichtig war „Weidi“, den Dörfern dabei zu helfen, gemeinschaftlich umzusiedeln. Das ist gelungen, denn es gab eine sensationelle und nie wieder erreichte gemeinschaftliche Umsiedlung von 82 Prozent! Doch der 80-Jährige weiß und sagt vorher: „Die Umsiedlung wird erst in der Generation nach uns wirklich abgeschlossen sein.“

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