3 M liefert vom kleinen Jüchen eine große Produktvielfalt aus 3M liefert von Jüchen in alle Welt

Jüchen · Der amerikanische Multitechnologiekonzerns 3M liefert mehr als 55.000 Produkte weltweit. In Jüchen werden 21.000 verschiedenen Produkte gelagert und von dort vertrieben.

 Markus Schröder,  Betriebsleiter von 3M in Jüchen.

Markus Schröder,  Betriebsleiter von 3M in Jüchen.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Einfaches Schleifpapier und die reflektierende Folie von Straßenverkehrsschildern haben mehr miteinander zu tun, als dass es auf den ersten Blick den Anschein hat. Nicht nur, dass beide Produkte im Prinzip auf derselben Technologie beruhen und dass beide zum Produktportfolio des amerikanischen Multitechnologiekonzerns 3M gehören, welches insgesamt über 55.000 Produkte umfasst. Beide, das Schleifpapier wie die Folie, gehören außerdem zu den 21.000 verschiedenen Produkten, die von 3M in Jüchen gelagert und von dort „in alle Welt“ vertrieben werden. In Jüchen befindet sich das zweitgrößte Distributionszentrum von 3M weltweit, es ist zum größten 3M Distributionszentrum in Europa geworden. Seit 1994 ist der Konzern, der seine Deutschlandzentrale im benachbarten Neuss hat, in Jüchen ansässig. Inzwischen sind es drei riesigen Hallen, in denen von der winzig kleinen Membrane für ein Stethoskop bis hin zur großen Folienrolle, vom Klebeband bis zum Post-it alles gelagert wird, was das Unternehmen herstellt.

Die Zahlen lassen die Dimension des Distributionszentrums erahnen. 200.000 Pakete werden werktäglich auf die Reise in 50 verschiedene Länder geschickt. Die rund 17.500 Bestellungen, die jeden Tag abgearbeitet werden, sorgen für ein Gesamtgewicht der Waren von rund 500 Tonnen, die in 200 Trucks das Gelände nahe der Autobahnauffahrt verlassen. Hauptsächlich werden von dem Distributionszentrum andere, kleinere Zentren oder Kunden im Umkreis von 500 Kilometern beliefert. „Aber wir sind auch Notfallzentrum“, erläutert Standortleiter Markus Schröder. „Wenn irgendwo auf der Welt ein 3M Produkt gebraucht wird und es dort nicht verfügbar ist, kommt der Auftrag zu uns. Denn wir in Jüchen haben wirklich alles aus der Produktpalette“, erklärt er beim kilometerlangen Rundgang durch die Lagerhallen, bei denen immer wieder Gabelstapler umherschwirren, weswegen sich die Fußgänger tunlichst an die für sie vorgesehen Wege halten sollten – trotz der modernen „Auffahrsperren“ der Fahrzeuge. Obwohl viel Computertechnik und viele Roboter die Arbeit des Lagerns und Verteilens übernommen haben, bleibt noch viel Handarbeit. „Wenn beispielsweise ein Kunde ein winziges Einzelteil, etwa einen speziellen Stecker für eine Stromverbindung wünscht, ist menschliches Handeln erforderlich.“ Und auch, wenn die Lastwagen mit den individuell zusammengestellten Bestellungen bestückt werden sollen, ist Handarbeit verlangt. So verwundert es nicht, dass rund 400 Menschen im Lagerbereich am ordnungsgemäßen Arbeitsablauf beteiligt sind. „Hinzu kommen noch rund 100 Mitarbeiter in zentralen Funktionen wie beispielweise der Transport- oder der Zollabteilung. Letztere kümmert sich unter anderem um alle Zollregularien.“ Das vermeide Zwangsaufenthalte an Grenzen, wenn dort erst Zollpapiere ausgefertigt und geprüft werden müssten. Einen eigenen Fahrzeugpark hat 3M nicht. „Wir arbeiten vertrauensvoll mit einigen mittelständischen Speditionen zusammen“, meint Schröder und verweist insbesondere auf das Unternehmen Kleine aus Grevenbroich, das unter anderem mit einer Niederlassung direkt neben dem Zentrum von 3M ansässig ist und den Transport der Güter in näheren Umkreis von Jüchen durchführt. „Dort sind weitere 75 Mitarbeiter im Prinzip nur für 3M tätig.“

Nach wie vor ist 3M auf Wachstumskurs. So ist die Mitarbeiterzahl in Jüchen kontinuierlich zweistellig gestiegen. Und ganz aktuell hat das Unternehmen Jüchen 3 in Betrieb genommen, das genau genommen auf Grevenbroicher Stadtgebiet liegt. Insgesamt sieht Schröder auch in Zukunft gute Möglichkeiten für die Region, den Strukturwandel weiter positiv voranzutreiben. So könnte beispielsweise die Rekultivierung von derzeitigen Tagebaugebieten auf Grund der geographischen Lage interessante Optionen auch für andere Logistikfirmen bieten. „Die Nähe zum Autobahnnetz, den Häfen oder auch Flughäfen sind wirklich einzigartig“, so Schröder.

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Foto: Martin Ferl

Welchen Stellenwert das Distributionszentrum in Jüchen für 3M hat, verdeutlich ein weiterer Vergleich, den Schröder anstellt. „Wenn wir Jüchen den anderen fünf Logistikzentren von 3M in Europa gegenüberstellen, können wir feststellen, dass wir in Jüchen doppelt so viel Kapazität haben wie die drei nächstgrößten Zentren zusammen.“ Zwangläufig müssen dort, wo Waren versandt werden, diese Waren auch angeliefert werden. Alle Produkte, die aus den USA oder dem außereuropäischen Ausland von 3M hergestellt werden, finden daher zuerst ihren Weg nach Jüchen. Von hier werden sie weiterverteilt auf die anderen Zentren. 70 Prozent der Produkte werden inzwischen in Europa hergestellt. „Der Anteil der Produkte aus Deutschland und vornehmlich aus Nordrhein-Westfalen nimmt dabei zu“, erläutert Schröder. Das Logistikzentrum funktioniert auf Basis einer sogenannten „chaotischen“ Lagerhaltung. Sprich, ein Produkt hat keinen festen Standort, sondern ist gleich an mehreren Stellen zu finden und das wechselnd. So findet man das Schleifpapier eigentlich nur mit Unterstützung eines sehr komplexen Lagersoftwaresystems. Bei der retroreflektierenden Folie ist es etwas einfacher: Sie liegt in breiten Rollen außerhalb der Hochregale an einer ganz bestimmten Stelle. Hier verrät der Standortleiter, was das Papier und die Folie gemeinsam haben: Sie bestehen im Prinzip aus der von 3M entwickelten Technologie von Pyramiden, die zum einem in unterschiedliche Höhe und Schärfe für eine entsprechende Körnung auf dem Papier sorgen oder durch ihre Zusammensetzung für eine Reflexion von Licht sorgen können.

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