Dorfleben in Jüchen-Wallrath Familie Mockel lebt die Dorfgeschichte

Wallrath · Katharina Mockel, ehemalige Gastwirtin, Bäuerin und „Dorfkönigin“, wird 90. Sie ist die älteste, seit der Geburt in Wallrath lebende Zeitzeugin und beste Quelle für ihren Sohn. Der Dorfchronist bringt einen neuen Kalender heraus.

 Ein Fußfall bei Neuenhoven, abgebildet im zwölften Wallrather Wandkalender 2019.

Ein Fußfall bei Neuenhoven, abgebildet im zwölften Wallrather Wandkalender 2019.

Foto: Bernd Mockel

Das Dörfchen Wallrath ist zwar auch bei Städtern als ländlicher Rückzugsort beliebt. Einige Neubürger haben die schönen alten Bauerngehöfte liebevoll restauriert. Doch zugleich wird in Wallrath die Tradition hoch gehalten. Wie in kaum einem anderen Ortsteil von Jüchen wird in Wallrath Geschichte noch gelebt und vor allem bewahrt: Und dafür steht die Familie Mockel, die bis 2010 auch noch die Gastwirtschaft als das (!) Dorfzentrum betrieben hat. Katharina Mockel, die wohl älteste, noch in Wallrath lebende Zeitzeugin, ist mit ihren fast 90 Jahren auch eine nimmer müde Informationsquelle für ihren Sohn Bernd. Der profiliert sich seit Jahren als emsiger Dorfchronist, der mittlerweile mit zwei Büchern und zwölf Kalendern die Historie zu bewahren versteht.

 Leer gezapft ist der Bierhahn in Katharina Mockels Gaststätte, die sie 2010 aufgeben musste. Sie ist die älteste Zeitzeugin. Ihr Sohn Bernd ist der Chronist der Wallrather Dorfgeschichte.

Leer gezapft ist der Bierhahn in Katharina Mockels Gaststätte, die sie 2010 aufgeben musste. Sie ist die älteste Zeitzeugin. Ihr Sohn Bernd ist der Chronist der Wallrather Dorfgeschichte.

Foto: Gundhild Tillmanns

Doch immer, wenn Bernd Mockel auf alte Dokumente oder Bilder stößt und nicht weiter weiß, dann kennt seine Mutter in der Regel nicht nur die längst verstorbenen Dorfbewohner. Als ehemalige Gastwirtin erinnert sie sich auch die besten Anekdoten. Doch sie sagt: „Mein Mann und ich haben zwar in unserer Gaststätte viel gehört. Manchmal waren wir ein Kummerkasten. Aber wir haben nie etwas davon nach außen getragen.“ Bis 2010, als Johann Mockel verstarb, war die Gaststätte noch geöffnet.

 Die Truhe aus dem Jahr 1777 ist das älteste Stück auf dem ehemaligen Hof Mockel in Wallrath.

Die Truhe aus dem Jahr 1777 ist das älteste Stück auf dem ehemaligen Hof Mockel in Wallrath.

Foto: Gundhild Tillmanns

Katharina Mockel, geborene Tillmann, kam am 27. Dezember 1928 in Wallrath zur Welt. Sie besuchte die Katholische Volksschule im Dorf und hat 1951 den Nachbarsjungen Johann Mockel geheiratet. Sie lebt bis heute im elterlichen Haus, wo sie Jahrzehnte lang als Bäuerin, Marktfrau und Gastwirtin aktiv war. Auf dem „Altenteil“ wird sie von ihrer großen Familie betreut. Drei Söhne, sieben Enkel und sieben Urenkel sind zu einem großen Teil sogar in Wallrath wohnhaft, oder in der näheren Umgebung. Und gleich zweimal war Katharina Mockel auch die „Königin von Wallrath“. Mit ihrem Ehemann Johann führte sie 1958 und 1994 „das Regiment“ bei den Heimatfesten in Wallrath und Rath. „Ich wollte nie weg aus Wallrath“, betont die bald 90-Jährige. Ihr Sohn erzählt, die Eltern hätten erst ab dem Alter von 60 Jahren zum ersten Mal Urlaub gemacht und dafür den Heimatort für ganz kurze Zeit mal verlassen: „Meine Eltern sind dann zwar mal an die Nordsee gefahren, aber nach acht Tagen wollte meine Mutter unbedingt wieder nach Hause.“ Bis zu den ersten kleinen Urlauben bestand das Leben von Katharina Mockel aus harter Arbeit: „Wir hatten auf dem Hof viele Tiere, Kühe und Schweine. Und in der Gaststätte habe ich auch schon mal für 50 Personen Sauerbraten und Pudding gekocht.“ Und zu ihrem 90. Geburtstag, den sie nach Weihnachten im Kreise ihrer Familie feiern möchte, hat Katharina Mockel nur einen Wunsch: „Ich möchte noch ein bisschen bei den Kindern bleiben... hier in Wallrath.“

Ihr Sohn Bernd wird seiner Mutter natürlich auch den neuen Wandkalender in ihr Zimmer hängen, von dem aus sie die Dorfstraße immer gut im Blick hat. Während das Titelblatt die Ortsmitte von Wallrath zeigt, hat sich Bernd Mockel bei der Auswahl der zwölf Kalenderblätter diesmal aus Wallrath hinaus begeben, um Denkmäler, Wegekreuze und Fußfälle in der Umgebung zu fotografieren. Und er verspricht, wie bei den Kalendern zuvor: „Der Erlös aus dem Verkauf wird vollständig für die Dorfverschönerung verwendet.“

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