Jüchen Flüchtlinge wollen ins Berufsleben starten

Jüchen · 50 Asylbewerber arbeiten in Minijobs. Doppelt so viele Stellen könnten besetzt werden. Die Gemeinde sucht weitere Arbeitsgelegenheiten.

 Sie sehnen sich nach einem strukturierten Tagesablauf und wollen ihre Deutschkenntnisse verbessern: Flüchtlinge helfen bei der Existenzhilfe.

Sie sehnen sich nach einem strukturierten Tagesablauf und wollen ihre Deutschkenntnisse verbessern: Flüchtlinge helfen bei der Existenzhilfe.

Foto: l. berns

Kontakte knüpfen, den Tagesablauf strukturieren und im Alltag die deutsche Sprache lernen - das ist es, was viele Flüchtlinge so sehr an den Minijobs schätzen, die ihnen angeboten werden. Viele von ihnen wollen arbeiten und etwas Sinnvolles tun, anstatt den ganzen Tag in der Unterkunft zu verbringen. Das macht sich auch in Jüchen stark bemerkbar. Die Gemeinde hat in den vergangenen Monaten rund 50 Asylbewerber an staatliche, kommunale oder gemeinnützige Träger vermittelt, die dort kleinere Arbeiten verrichten. Sozialamtsleiterin Annerose Böhm-Weyerstraß sagt: "Die Nachfrage ist deutlich höher als das Angebot. Wir könnten sicher 100 Stellen besetzen." Aus diesem Grund sucht die Gemeinde Jüchen nach weiteren Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge.

Der größte Teil der besetzten Stellen entfällt auf den Bauhof. Doch auch in gemeinnützigen Organisationen wie der Grevenbroicher Existenzhilfe packen Asylbewerber aus Jüchen mit an, um unter anderem Kisten mit Lebensmitteln für den Tafel-Standort in Jüchen zu packen, der dienstags und freitags besetzt ist. Insgesamt sieben Flüchtlinge wollen bei der Existenzhilfe ihre Deutschkenntnisse verbessern. Das ist die größte Motivation für die Asylbewerber, die aus ganz unterschiedlichen Nationen kommen. "Wir wollen mehr lernen", betont Vasif Shahnawasi (23) aus Afghanistan, der derzeit in Hochneukirch lebt. Aktuell würde er nur einen Tag pro Woche Deutsch in einem Kursus lernen. "Das ist zu wenig."

Er und andere Flüchtlinge wie Sayd Mahbob, Behzad Saidi (beide aus Afghanistan) und Arash Sadeghi aus dem Iran, die ebenfalls bei der Existenzhilfe für 1,05 Euro pro Stunde arbeiten, sprechen aber auch von einer angenehmen Abwechslung zum normalen Alltag in den Unterkünften - wenn sie auch nur 20 Stunden pro Woche arbeiten dürfen und dafür lediglich eine Aufwandsentschädigung erhalten. "Die Flüchtlinge packen gut mit an. Sie sind fast alle zuverlässig", berichtet Geschäftsführer Wolfgang Norf. Jeden Morgen kämen die Asylbewerber mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die sie mit ihrem Sozialticket nutzen könnten. "Damit lernen sie auch, sich mit Bus und Bahn im Rhein-Kreis fortzubewegen."

Wie die Gemeindeverwaltung Jüchen mitteilt, hat das jetzt verabschiedete Integrationsgesetz auch Auswirkungen auf die Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge. Neben den bisherigen Gelegenheiten der Kommunen und der Jobcenter sollen nun zusätzliche Stellen geschaffen werden, die von der Arbeitsagentur zur Verfügung gestellt und bezahlt werden. Davon sollen volljährige und leistungsberechtigte Flüchtlinge profitieren können.

Die Gemeinde Jüchen will Arbeitsgelegenheiten weiterhin an Geflüchtete vermitteln und sucht bei verschiedenen Trägern. "Dadurch, dass viele Flüchtlinge einer geregelten Arbeit nachgehen, entstehen auch weniger Konflikte in den Unterkünften", erzählt Sozialamtsleiterin Annerose Böhm-Weyerstraß. Und: Die Arbeit bietet Perspektiven für den Einstieg in die Berufswelt.

(cka)
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