Jüchen Fantasy-Autor ist auch ein guter Pädagoge

Jüchen · Erzieher und Fantasy-Autor Thorsten Hoß spricht mit Rollenspiel-Kursen persönliche Kompetenzen seiner jungen Mitspieler an.

In einer unbekannten Welt voller mythischer Wesen entscheidet ein Würfelwurf über Erfolg oder Fehlschlag einer Handlung: Was ohne Vorwissen seltsam klingt, ist für Thorsten Hoß ein Beruf. Der Erzieher nutzt Rollenspiel als pädagogisches Medium und fördert bei Spielrunden die sozialen und kreativen Fähigkeiten der Teilnehmer.

„Dabei können die Kinder Softskills ausprobieren, die in der Schule zu selten gefordert werden“, erklärt der 43-jährige Pädagoge. Dazu zählen unter anderem Interaktion, Toleranz und Problemlösung in Gruppen sowie Vorstellungsvermögen und Selbstwahrnehmung.

Das „Pen and Paper“-Rollenspiel lebt durch Kreativität und Improvisation. Die Teilnehmer verkörpern einen fiktiven Charakter mit vorher festgelegten Fähigkeiten. Dieser Charakter agiert in und mit einer vom Spielleiter erdachten und beschriebenen Welt. Der Spieler entscheidet über die Handlung seiner Figur, der Spielleiter vermittelt zwischen Spieler und Spielwelt.

„Der Charakter eines Spielers sagt bereits viel über seine Person aus“, weiß Hoß. So setzen gerade jüngere Akteure auch bei ihrer Figur auf persönliche Stärken oder auf solche, die sie gerne hätten. Die Rollenspielseminare von Hoß sind Sozialtrainings, meist für Hochbegabte. „Ich spiele die Teilnehmer gezielt an, um sie zu fordern“, erklärt der Spielleiter, der seine Seminare im Auftrag pädagogischer Institute als Förderangebot hält. So lehrt Hoß Introvertierten das freie Sprechen vor einer Gruppe oder stark extrovertierten Spielern die Wertschätzung der Äußerungen anderer Gruppenmitglieder. In einem geschützten Raum können die Kinder so alternative Verhaltensweisen ausprobieren ohne befürchten zu müssen, dass ihr Handeln direkte Konsequenzen für ihr reales Leben hat.

Thorsten Hoß ist in Jüchen aufgewachsen und seit über 30 Jahren begeisterter Rollenspieler. Er habe alle bekannten Regelsysteme ausprobiert, doch keines passe recht auf die Bedürfnisse der Kinder. Daher hat Hoß den passenden Rahmen für das Rollenspiel selbst geschrieben: „Lunaria“ besticht durch eine kindgerechte Art einen komplexen Charakter zu erstellen, bietet eine niederschwelligen Einstieg für junge oder unerfahrene Spieler aber gleichsam ausreichend Komplexität für erfahrene Teilnehmer. Die Abenteuer spielen auf einer zum Regelwerk gleichnamige und magiedurchdrungene Welt. „Dabei gibt es kein klassisches ‚Gut gegen Böse’. Hinter jedem vermeintlich bösen Charakter steckt eine Geschichte, wieso er so geworden ist“, klärt Hoß über die Wertevermittlung in seinem Rollenspiel auf.

Und aus der Rollenspielwelt des Jücheners wurde sogar noch mehr: Angeregt von seine Mitspielern begann Hoß eine Romanreihe, die ebenfalls in „Lunaria“ spielt. Das Besondere: Der Autor ist Legastheniker. An guten Tagen schreibt er, trotz Rechtschreibprogramm, mit einem Fehlerquotienten von etwa 40 Prozent, an schlechten Tagen bis zu 90 Prozent. „Es bedarf großer Konzentration für mich. Manchmal fühle ich wie beim Hochleistungssport“, berichtet Hoß. Zwei Lektoren merzen „den Fehlerteufel“, wie er es nennt, aus seinen Texte aus – ein hartes Stück Arbeit.

Nach drei Jahren Arbeit veröffentlichte der Jüchener in 2016 seinen ersten Fantasyroman. Mit „Macht der Dryaden“ erschien im Juli der mittlerweile sechste Teil der Reihe. Diese schreibt das Jahr 2145. Die Expedition eines Raumfahrt-Teams, die „Crew der Sirius 7“, stürzt auf einem unbekannten Planeten ab. Sie beginnt die die Welt zu erforschen. Dabei schließen sich ihr immer mehr fantastische Wesen an, während sich das Team fortwährend in die neue Welt integriert. Der siebte Band werde noch in diesem Jahr erscheinen, versichert Hoß.

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