Jüchen Ältere von Schneeräum-Pflicht befreien

Jüchen · Die Jüchener FDP will erreichen, dass Senioren in Zukunft von der Schneeräum-Pflicht ausgenommen werden. Sie hält das für nicht zumutbar und gefährlich. Der Winterdienst soll dies übernehmen; die Kosten sollen umgelegt werden.

Jeder Wintermorgen ohne Frost ist für die 75-jährige Christa Quellmann ein guter Morgen. Dann muss sie sich nicht sorgen, wie die Straße vor ihrer Tür schneefrei wird. "Dass man bei Schneefall den Bürgersteig räumt, ist selbstverständlich", sagt die Bedburdyckerin. "Doch in der Satzung der Gemeinde steht etwa, dass in etlichen Straßen die Anwohner bei Schneefall auch die Straßen bis zur jeweiligen Straßenmitte vom Schnee freimachen sollen." Mit Blick auf den demografischen Wandel und auf Wohnviertel wie etwa die Oststraße mit hohem Senioren-Anteil sagt die FDP-Politikerin: "Das ist nicht zumutbar." Diese Pflicht stelle eine Gesundheitsgefahr für Ältere dar - und ein Sicherheitsrisiko für Autofahrer.

Die Seniorin kennt die Last mit dem Schnee. Besonders schwer sei es, die Fahrbahnen vom Schnee zu befreien: "Wenn man bis 7 Uhr geräumt haben muss, findet man auf der Straße auf schon eine festgefahrene Schneedecke vor." Einfach die weiße Masse wegschieben - das sei ohne körperliche Anstrengung unmöglich. Insbesondere für Ältere könne das Schneeschieben zu einem gefährlichen Risiko werden. "Ärzte und Krankenkassen warnen alte Menschen vor besonderen Anstrengungen, weil sich bei Kälte die Herzkranzgefäße verengen; somit würden Herzinfarkte begünstigt", sagt Quellmann. Zudem sieht sie ein praktisches Problem: "Wohin mit dem Schnee, wenn etwa Garagen an der Straße liegen?" Sie hat sich derart beholfen, dass sie beim verschneiten Winter im Jahr 2010 den Schnee mit der Schubkarre auf das rückwärtige Grundstück gefahren habe. Dies könne aber keine Lösung für jeden sein.

Was Christa Quellmann beschreibt, kennt auch Andreas Tillmann, CDU-Vorsitzender des Rechts- und Sozialausschusses: "In vielen Vierteln leben zur Hälfte Ältere". CDU-Ratsherr Gerd Bandemer aus Hochneukirch geht noch weiter: "In manchen Siedlungen leben nur noch ältere Menschen." Für sie sei es schwierig, dieser Pflicht der Schneeräumung nachzukommen. Nicht jeder hat einen jüngeren Nachbarn oder Verwandten, der für sie schnell zu Schaufel oder Schieber greifen kann.

Nach Absprache mit FDP-Fraktions-Chef Konrad Thelen will Christa Quellmann nun einen Antrag stellen, wonach Senioren von der Schneeräum-Pflicht befreit werden. Sie kritisiert: "Die Gemeinde Jüchen wälzt die Haftung für sichere Straßen auf die Bürger ab und nimmt gefährliche Straßenabschnitte in Kauf." Die Verwaltung sollte stattdessen etwas für Ältere tun, denn die meisten von ihnen möchten so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung leben. Ihr Vorschlag: Der Winterdienst sollte die Schneeräumung übernehmen, die Kosten sollten umgelegt werden.

Im Rathaus sieht man keinen Handlungsbedarf nach der Satzungsänderung im Jahr 2010: "Wir haben damals diese Regelung konkretisiert, angepasst an die vom Städte- und Gemeindebund vorgeschlagene Mustersatzung zur Straßenreinigung." Unter der einhaltung der Auflagen (schriftliche Erklärung und Haftpflichtversicherung) könnte die Räumpflicht an Dritte übertragen werden.

(NGZ)
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