Pflegenotstand im Rhein-Kreis 1000 Pfleger fehlen in örtlichen Heimen

Jüchen · Beim SPD-Abend zur „Zukunft der Pflege“ in Haus Katz in Jüchen schilderte die Bundestagsabgeordnete und ehemalige Altenpflegerin Claudia Moll die Überlastung des Pflegepersonals. Heimplätze im Kreis bleiben frei, weil Personal fehlt.

 SPD Einladung -Zukunft der Pflege-Haus Katz v.l.Daniel Rinkert,Rosi Bruchmann,Claudia Moll,Mathias Jungeburth,WaltraudWeber

SPD Einladung -Zukunft der Pflege-Haus Katz v.l.Daniel Rinkert,Rosi Bruchmann,Claudia Moll,Mathias Jungeburth,WaltraudWeber

Foto: Georg Salzburg(salz)

„Das Thema Pflege brennt“: Mit diesen Worten eröffnete der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Andreas Behnke den Abend in der Reihe „Berliner Gespräche“ im Jüchener Haus Katz. Aktuell gebe es im Rhein-Kreis Neuss 16.000 pflegebedürftige Menschen. „Bis 2030 werden es 20.000 sein, und dafür brauchen wir 1000 zusätzliche Pflegekräfte im Rhein-Kreis“, sagte Behnke. Die Folge der Grundsatzreferate, die aber schon bald in eine lebhafte und besonders emotionale Diskussion aus spürbarer Betroffenheit von pflegenden Angehörigen im Publikum mündete, wurde von der SPD-Bundestagsabgeordneten Claudia Moll eröffnet. Resolut und beherzt bekannte sich Moll, die erst seit einem Jahr in die Berliner Politik eingestiegen ist, zu ihrem Beruf als Altenpflegerin, den sie seit 28 Jahren ausübt. Neben ihrem Bundestagsmandat übernehme sie auch immer mal wieder noch „heimlich“ eine Nachtschicht im Pflegeheim. Sie gab zu: „... weil mir meine Bewohner fehlen.“

Das große Thema des Abends unter dem Tenor „Zukunft der Pflege“ war der Fachkräftemangel in den Heimen, aber auch bei den ambulanten Diensten. Sehr bald fokussierte sich die Publikumsdebatte aber auf die Angehörigen, die sich völlig alleine gelassen fühlen, wenn sie Heimplätze oder sonstige Unterstützungsleistungen für ihre pflegebedürftigen Verwandten benötigen.

Zur Behebung des akuten Fachkräftemangels sollen zwar 13.000 Stellen mit Hilfe eines Sofortprogramms, das Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt hat, in den stationären Einrichtungen geschaffen werden: Darauf hatte SPD-Kreisvorsitzender Daniel Rinkert, der durch den Themenabend führte, auch in der Einladung hingewiesen. Das sei ein guter Ansatz, aber eigentlich seien 13.000 zusätzliche Pflegekräfte immer noch mit Abstand zu wenig für die insgesamt 34.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland, so der Tenor der Diskussion. Es sei aber ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ein Heimleiter im Publikum schilderte aus der Praxis, es gebe im Rhein-Kreis zwar de facto sogar freie Plätze in den Pflegeheimen, die allerdings wegen des eklatanten Personalmangels nicht vergeben werden könnten.

Auf heftige Kritik in der Runde der SPD-Politiker stieß aber die aktuelle Äußerung von Jens Spahn, der Pflegenotstand könne schon begrenzt werden, wenn die 100.000 Pflegekräfte in Deutschland jeweils drei bis vier Stunden pro Woche mehr arbeiten würden. Das brachte vor allem Claudia Moll „auf die Palme“. „Ich habe Herrn Spahn um seinen Rückruf gebeten, mal sehen, ob er sich traut“, sagte sie resolut und schilderte aus ihrer eigenen Berufspraxis, wie körperlich und seelisch anstrengend und über die Leistungsgrenzen hinaus die Pflegekräfte mittlerweile beansprucht seien.

Dies gelte auch für die Teilzeitkräfte. „Ich selbst habe am Schluss auch nur noch in Teilzeit gearbeitet, weil ich einfach nicht mehr konnte“, sagte sie. Und eines sei gewiss, dass die Pflegekräfte auch jetzt bereits alle weitaus mehr als die tariflich vorgegebene Wochenarbeitszeit von 35,5 Stunden in den Heimen leisteten, betonte Moll.

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