Hünxe/Schermbeck Ein Umweltskandal - zwei Prozesse

Hünxe/Schermbeck · Olpelettskandal beschäftigte gestern wieder das Landgericht Bochum.

Gleich zwei Prozesse in der zweiten Strafkammer des Landgerichts Bochum befassten sich gestern teilweise mit einem Umweltskandal, in dessen Verlauf Ölpellets, die von der Bochumer Firma Ruhr Oel GmbH (Teil der BP) erzeugt wurden, über eine Lieferkette bis zur Abgrabung "Mühlenberg" der Firma Nottenkämper im Gahlener Heisterkamp gelangten, wo sie illegal abgelagert wurden. Beide Verfahren werden von dem Vorsitzenden Richter Markus van den Hövel und den beiden Richtern Annalena Wulf und Nicholas Pöstgens begleitet und jeweils durch zwei unterschiedliche Schöffen ergänzt.

Im Verfahren gegen den Gahlener Abfallmakler H. stand der 19. Verhandlungstag an. H. ist Mitgesellschafter der Firma Ruhr Carbon, die in der Lieferkette zwischen der Ruhr Oel GmbH in Gelsenkirchen, der Firma RZB und der Deponie Nottenkämper versteckte Ölpellets geliefert hat. Gestern sollten drei Zeugen der Firma BP gehört werden. Nachdem bereits in der letzten Sitzung einer der beiden Zeugen der BP nicht zum Termin erschienen war, kam diesmal keiner der drei Zeugen, weder die beiden Mitglieder der Geschäftsführung noch die Juristin der BP, die ihr Fernbleiben mit den Paragrafen 55 und 53 der Strafprozessordnung entschuldigten.

Das Fernbleiben der BP-Vertreter gab dem Staatsanwalt Colberg Gelegenheit, in einem etwa halbstündigen Vortrag die zentralen Vorwürfe gegen H. zusammenzufassen. Colberg hat im laufenden Verfahren seinen Vorgänger abgelöst. Mit der zusammenfassenden Formulierung, "der Angeklagte hat vorsätzlich gehandelt", löste der Staatsanwalt eine längere Diskussion zwischen sich und dem Verteidiger aus. Dieser hielt dem Staatsanwalt vor, an zwei Stellen "Dingen zu wenig Beachtung" zu geben. Dabei verwies er auf die Firma Nottenkämper, wo die Ölpellets endgelagert wurden, und auf die Firma BP, wo die Pellets erzeugt wurden. "Sie stehen schnell der BP zur Seite", stellte der Verteidiger Holtkamp fest. Diese Firma habe aber "böswillig täuschend das Material auf den Markt gebracht." Holtkamp legte dem Staatsanwalt nahe, die Ursache für den falschen Weg der Ölpellets "vorne zu suchen und nicht beim Zwischenhändler."

"Es ist eine spannende Diskussion und ich habe mit Interesse zugehört", stellte Richter van den Hövel am Ende des Disputs zwischen Verteidigung und Staatsanwalt fest. Das Gericht habe aber ein Problem, fügte er hinzu. Es sei allen klar, dass es sich bei den Ölpellets und ihren Umdeklarierungen um "Sauzeug" handle, aber die zentrale Frage sei eine andere. "Kann man etwas so mischen, dass man die gefährlichen Stoffe unter den Grenzwerten hält?" Es müsse nun geklärt werden, ob das rechtlich erlaubt sei. Mehr Klärung in dieser Frage verspricht sich der Richter von einer dem Gericht nicht vorliegenden Stellungnahme vom 4. Dezember 2013. Diese Stellungnahme bezieht sich auf eine Analyse eines Labors, die für die Firma Ruhr Carbon vorgelegt wurde.

Im Verfahren gegen Ingo L., den ehemaligen Prokuristen der Firma Nottenkämper, kam es nicht zu der erwarteten ausführlichen Einlassung des Angeklagten, weil wegen der Kürze der Zeit seit der Festnahme des Angeklagten es dem einen der beiden Verteidiger nicht möglich war, mit dem zweiten Rechtsanwalt die Einlassung der Verteidigung abzustimmen.

(hs)
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