Ansichtssache Hückeswagen hat viele engagierte Menschen

Hückeswagen · Vier Menschen stehen in dieser Woche aus unterschiedlichen Gründen im Mittelpunkt: Stefan und Ingrid Kammerer verlassen Hückeswagen, die FDP wird Berta Scheider den Liberalen Bürgerpreis überreichen, und Harald Pflitsch erhielt das Bundesverdienstkreuz.

  Stephan   Büllesbach

Stephan Büllesbach

Foto: Jürgen Moll (jumo)

Ein wichtiges Kapitel geht heute in Hückeswagen zu Ende: Die Kirchenmusiker Stefan und Ingrid Kammerer verlassen die Schloss-Stadt, um in Korbach ihrerseits ein neues Kapitel aufzuschlagen: Die Kantorin der Evangelischen Kirchengemeinde und ihr Mann, der in gleicher Funktion in Wipperfürth tätig waren, fahren heute an ihre neue Wirkungsstätte, wo sie sich ab dem 1. August eine Stelle teilen. Ingrid Kammerer wird zwar nächste Woche noch einmal zurückkehren, aber nur, um den Umzug zu organisieren.

Das Ehepaar, das 24 Jahre in Hückeswagen wirkte, hinterlässt tiefe Spuren im kirchlichen und kulturellen Bereich. Kein Wunder, dass vielen Hückeswagenern der Abschied schwer fällt. Dass es den Kammerers – auch wenn sie sich auf die neue Aufgaben freuen – ebenso geht, zeigt, wie innig die Verbindung gewesen war. Ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin wird es daher nicht leicht haben. Denn er oder sie wird – das wird sich kaum vermeiden lassen – an Stefan und Ingrid Kammerer gemessen werden. Auf jeden Fall sollten dem Mann oder der Frau die gleichen Chancen eröffnet und sollte er oder sie mit offenen Armen empfangen werden, wie es 1994 bei den Kammerers der Fall war. Dann dürfte einer gedeihlichen Zusammenarbeit nichts im Wege stehen.

Seit zwölf Jahren vergibt der Ortsverband der FDP den Liberalen Bürgerpreis und ehrt damit Hückeswagener, die sich in besonderer Weise ehrenamtlich hervorgetan haben. In die Reihe der Preisträger gehört auch jemand, der das Deutsche Rote Kreuz vertritt. Diesen „weißen Fleck“ wird die FDP nun tilgen, hat sie doch mit Berta Scheider eine neue Preisträgerin für den Liberalen Bürgerpreis nominiert. Die 79-Jährige wird im Herbst stellvertretend für alle anderen Ehrenamtler vom DRK ausgezeichnet.

Wer in Hückeswagen zur Blutspende geht, kommt um Berta Scheider nicht herum: Seitdem das DRK hier eine solche anbietet – seit 1961 –, ist Berta Scheider dabei. Sie bereitet dann mit anderen Frauen und Männern die Speisen und Getränke und sorgt dafür, dass die Blutspender nach dem Aderlass wieder zu Kräften kommen.

Wie wichtig das Ehrenamt ist, hat die gebürtige Oberschlesierin am eigenen Leib in einer Notsituation erfahren: Als ihre Familie nach ihrer Flucht aus der Heimat in Deutschland im Viehwaggon ankam, waren es Rotkreuzschwestern, die sie mit Tee und Nahrung versorgt hatten. Berta Scheiders Credo kommt daher nicht von ungefähr: „Ehrenamt ist wichtig, weil man so anderen Menschen helfen kann. Und Hilfe wird immer irgendwo gebraucht.“

Auch Unternehmer können gesellschaftliches Engagement an den Tag legen – Harald Pflitsch ist ein Beispiel dafür. Der Radevormwalder, der über Jahrzehnte die Geschicke des Hückeswagener Traditionsunternehmens Pflitsch maßgeblich (mit)geleitet hatte, ehe ihn eine schwere Krankheit zum Rückzug zwang, kann sich Einiges auf seine Fahnen heften. Er ist etwa Ideengeber und Mitbegründer des privaten Berufskollegs Hückeswagen, war Sponsor vieler Veranstaltungen in der Schloss-Stadt (wie der WDR 2-Tag und die Sommerbob-Rennen), Initiator und Mitbegründer des Vereins 3-Städte-Depot, der sich der Erhaltung historischer Industriemaschinen verschrieben hat, und finanzieller Unterstützer hiesiger Schulen, allen voran der Realschule. Nun könnte man argumentieren: Klar, da stand halt viel Geld zur Verfügung. Das ist durchaus richtig. Nur hat es Harald Pflitsch – im Gegensatz zu anderen Hückeswagener Unternehmern – eben für gute Zwecke auch ausgegeben.

Für sein Unternehmen hat er ebenfalls viel Positives bewirkt. So sorgte er als Geschäftsführer noch dafür, dass bei Pflitsch familienfreundliche Arbeitsbedingungen etwa durch spezielle Einrichtungen, flexible Arbeitszeitregelungen und Kooperationen mit Erziehungseinrichtungen geschaffen wurden. Das gilt auch nach seinem Ausscheiden aus der Firma: Die wurde vor kurzem von der berufundfamilie gGmbH zum vierten Mal als „familienfreundlicher Arbeitgeber“ ausgezeichnet.

Übrigens: Harald Pflitsch erhielt vor sechs Jahren den Liberalen Bürgerpreis – wie bald Berta Scheider. Vielleicht bekommt sie wie er auch noch das Bundesverdienstkreuz. Verdient hätte sie’s.

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