Hückeswagen Wie ein Sechser im Lotto

Hückeswagen · Theodor Nehr war der erste Bewohner des "Wohnwerks"; seine Tochter freut sich riesig, für ihren Vater einen Platz gefunden zu haben: Inzwischen hat das Altenheim für Demenzkranke den zweiten Bewohner aufgenommen.

Fast jeder träumt von einem Sechser im Lotto. Ute Edelhagen hat ihn – wenn auch nur im übertragenen Sinne. "Wir sind so unglaublich froh, dass wir für unseren Vater endlich einen Platz gefunden haben", erzählt die 49-jährige Mediengestalterin aus Remscheid im Gespräch mit der BM. Zwei Jahre hatten sie und ihre Familie ein Altenheim für den demenzkranken Vater gesucht. Hatten alle möglichen Heime in der Region um Düsseldorf, von wo Theodor Nehr stammt, und im Bergischen "abgeklappert". Ohne Erfolg. Bis Ute Edelhagen die Berichterstattung der Bergischen Morgenpost über das "Wohnwerk" entdeckte. Offenbar sagte ihr das Konzept der Oberbergischen Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderte (OGB) zu, die in Hückeswagen schon seit Jahren die Wohnstätte "Lindenhof" für Medikamenten und Alkoholabhängige betreibt. "Am 7. März habe ich dorthin gemailt, einen Tag später hatte ich eine Antwort", erzählt sie.

Der 87-jährige Vater der Remscheiderin ist seit 15 Jahren schwer demenzkrank. Lange war er von seiner Frau betreut worden, "doch meine 77-jährige Mutter kann einfach nicht mehr". Zumal ihr Mann eine Weglauf-Tendenz hat, was alles noch anstrengender macht.

Die Familie suchte verzweifelt nach einer Kurzzeitpflege für Theodor Nehr. Doch die Antwort war immer die gleiche: Das ist nicht machbar. "Wir waren in vielen Heimen", berichtet Ute Edelhagen. "Aber die entsprechende Betreuung für meinen demenzkranken Vater konnten sie nicht leisten. Sie hätten ihn nur ruhig stellen können", sagt die 69-Jährige ohne Groll. Denn sie weiß, dass den Mitarbeitern eines normalen Altenheims nicht die Zeit und die Mittel zur Verfügung stehen, um sich intensiv mit Demenzkranken zu beschäftigen.

Im "Wohnwerk" ist das offenbar anders. "Mein Vater könnte nicht besser untergebracht sein", hat Ute Edelhagen begeistert festgestellt. Da ist zum Beispiel die Unterbringung in Einzelzimmern. "Anders geht das gar nicht. In einem Doppelzimmer würden die sich gegenseitig wach halten", weiß sie. Die Mitarbeiter unternehmen zudem mit Theodor Nehr viele Spaziergänge oder basteln an einem überdimensionalen Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel, um die Motorik zu trainieren. "Man merkt gleich, dass sich die Verantwortlichen viele Gedanken gemacht haben", betont die Remscheiderin. In diesem Zusammenhang übt sie leichte Kritik an den Trägern von Altenheimen. "Die stellen sich alle viel zu spät auf die Entwicklung ein", sagt sie mit Blick auf die zunehmende Zahl an Demenzerkrankungen.

Theodor Nehr ist nach zunächst zwei Wochen in der Kurzzeitpflege nun als erster Bewohner ins "Wohnwerk" eingezogen. Seine Tochter freut sich, damit den "Hauptgewinn" gezogen zu haben: "Das wichtigste Gefühl für mich ist, dass meinem Vater ein menschlicher Lebensabend gegeben wird."

Die bisherige Berichterstattung finden Sie im Internet unter

(RP)
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