Mit dem Revierförster unterwegs Wenn sich der Borkenkäfer durch den Wald frisst
Hückeswagen · Der Zustand des Waldes in Hückeswagen ist besorgniserregend. Die enorme Trockenheit im vergangenen Jahr hat den Bäumen zugesetzt. Vor allem der Borkenkäfer setzt den Bäumen zu und zerstört sie. Waldbesitzer müssen schnell handeln, um weitere Schäden zu vermeiden.
Wenn Revierförster Heiner Grüter das Wetter für die kommenden Wochen bestimmen könnte, dann gäbe es ganz viel Regen und wenig Sturm. „Das jetzige Wetter mit viel Feuchtigkeit ist für den Wald völlig in Ordnung“, sagt Grüter. Denn Dürre, Hitze und Sturmholz im Vorjahr haben dem Wald auch in Hückeswagen kräftig zugesetzt vor allem an der Wuppervorsperre und in der Muhl. Außerdem ist die Population des Borkenkäfers schier explodiert und sorgt nun dafür, dass viele Bäume – vornehmlich Fichten – gefällt werden müssen, damit nicht noch andere gesunde Bäume befallen werden.
Dabei gilt die Fichte als der Baum des Bergischen, weil sie für einen hohen wirtschaftlichen Ertrag auf der Fläche der Waldbauern sorgt. Normalerweise. Doch in diesen Zeiten ist alles anders. „Denn die Fichte gilt auch als Risikobaum“, sagt Grüter. Als Flachwurzler ist die Art sehr sturmanfällig. Nach den Stürmen Burglind und Friederike im vergangenen Jahr gab’s eine Unmenge an Sturmholz, das zwar bis Juni/Juli 2018 aufgearbeitet wurde, „aber da es seit Mai 2018 eigentlich nicht mehr geregnet hatte, konnte sich der Borkenkäfer immens ausbreiten“, sagt er. Ab 15 Grad finden Buchdrucker und Kupferstecher beste Bedingungen. Großes Problem: Im Oktober 2018 ist bereits die dritte Generation geflogen.
Und das Ausmaß ist heute noch eindrucksvoll zu sehen: „Gefahr besteht immer dann, wenn der Baum zwar an sich noch grün aussieht, die Rinde aber in fünf bis sechs Metern abplatzt“, erläutert Grüter. Dann sei klar, dass sich die Larven des Borkenkäfers durch die Rinde fressen und die Leitungsbahnen des Baumes zerstören. „Das ist dann ein typisches Fraßbild“, sagt Grüter und zeigt auf eine Vielzahl an betroffenen Bäumen. Wenn Bäume Wasserstress haben, unter der Hitze leiden und deutlich geschwächt sind, spüren das die Käfer, weil die Bäume aus der Not heraus Lockstoffe senden. „Daraufhin bohren sich die männlichen Käfer ins Holz. legen sogenannte Rammel-Kammern an, damit sie dort die Weibchen begatten können“, erklärt Grüter. Die Eier werden dann entlang einer Linie in die Rinde gelegt. Normalerweise wehren sich Bäume mit intensivem Harzfluss gegen ungebetene Eindringlinge, aber durch Hitze und Trockenheit versiegt diese Quelle. Binnen sechs Wochen entwickelt sich der Borkenkäfer und bohrt sich grundsätzlich nur in die gesunden, saftig grünen Bäume. „Wir versuchen, bei einem Befall den Eigentümer zu informieren, arbeiten dann das Holz auf und suchen nach einer Absatzmöglichkeit“, sagt Grüter.
Seine Bitte: Alle Waldbesitzer sollten dringend ihren Bestand kontrollieren und Meldung geben, wenn sie Schäden entdecken. Schnelles Handelns ist wichtig, damit sich die Käfer nicht ungebremst weiter ausbreiten. „So hoffen wir, das Problem in den Griff zu bekommen“, sagt der Förster. Deshalb hoffe er auch auf einen nassen Frühling, denn sonst sehe es schlecht um den Zustand des Waldes in Hückeswagen und im Bergischen aus. „Das kann dann durchaus dramatisch werden“, befürchtet Grüter.
In Bergisch Gladbach, Lindlar und Bergneustadt entlang der A4 seien ganze Hangbereiche abgestorben. Da komme es dann auch zu Absatzproblemen, denn bis zum Herbst habe man das Holz kaum verkauft bekommen „Heute haben wir gute Chancen durch das Holzkontor, alle Sortimente zu verkaufen“, berichtet Grüter. Aber ob Industrieholz oder Sägeholz – die Preise sind im Keller, die Prämisse laute, kostendeckend zu arbeiten. „Wir machen das hier eigentlich nur, um den Wald zu schützen, die Waldbesitzer verdienen nichts“, sagt Grüter. Werde es nun schnell wieder wärmer, sei das verheerend für die Bäume, die sich noch nicht erholt hätten.
Den Wertverlust bei einem gefällten Baum innerhalb nur eines Jahres beziffert Heiner Grüter auf 50 Prozent. Habe der Waldbauer vor zwölf Monaten noch 90 Euro für seine Fichte bekommen, so sind es jetzt noch 40 bis 50 Euro. Davon runter gehen noch die Werbungskosten und andere Gebühren, so dass am Ende pro Festmeter etwa zehn Euro übrig bleiben.Dabei bringt eine Fichte nach 35 bis 40 Jahren einen guten Ertrag, eine Eiche aber erst nach 150 bis 200 Jahren.
Und so bestätigt Grüter, dass der Kampf gegen den Borkenkäfer ein Kampf gegen Windmühlen ist, „denn wir haben keinen Einfluss auf das Wetter“, sagt er. Spiele das nicht mit, habe man kaum eine Chance. Dabei sei der Rohstoff Fichtenholz total wichtig. Grüter plädiert für einen gesunden Mischwald im Bergischen, der sich aber durch den Klimawandel verändern könnte. Bei den Laubbäumen bieten sich seiner Ansicht nach vor allem Eichen und Esskastanien an, bei den Nadelbäumen Douglasie oder die Weißtanne aus dem Schwarzwald.