Hückeswagen Warten für die Demokratie

Hückeswagen · Sechs Wahlhelfer hatten am Sonntag zwischen 8 und 18 Uhr nur eine Aufgabe: Sie warteten im Wahllokal 110 (Firma Pflitsch) auf die Wähler – ab und zu kam auch einer. Zehn Stunden Staatsbürgerpflicht aus Sicht eines Wahlhelfers.

Sechs Wahlhelfer hatten am Sonntag zwischen 8 und 18 Uhr nur eine Aufgabe: Sie warteten im Wahllokal 110 (Firma Pflitsch) auf die Wähler — ab und zu kam auch einer. Zehn Stunden Staatsbürgerpflicht aus Sicht eines Wahlhelfers.

Die Atmosphäre unter den Wahlhelfern im Wahllokal 110 ist schwer zu beschreiben. Die vier Herren, darunter ich, und die zwei Damen schwanken am Sonntag in ihrer Einschätzung zwischen "ein wenig Demokratie leben" und "staatsbürgerliche Pflicht ausüben". Von der Partei entsandt wurde Karsten Schwung. "Ich mache das seit 20 Jahren, immer auf Vorschlag der SPD. Ist man einmal im Wahlhelfer-Verzeichnis, ist man immer im Wahlhelfer-Verzeichnis", erzählt er mit einem Augenzwinkern. Über die Einteilung in die Wahlbezirke hat Ursula Thiel von der Stadtverwaltung entschieden, die für jeden Vorschlag der Parteien dankbar ist — Wahlhelfer sind gesucht.

Ja, wo bleiben sie denn?

Die Wähler machen es den sechs aufrechten Demokraten am Sonntag nicht leicht. Das Warten auf sie gerät zur harten Geduldsprobe. In der ersten Stunde verirren sich gerade einmal zwei Bürger auf das weitläufige Gelände der Firma Pflitsch. Und bis zum Mittag wird es nicht viel besser. Um 11.50 Uhr greift Wahlleiter Roland Kissau von der Stadtverwaltung zum Telefonhörer: "11,1 Prozent Wahlbeteiligung" meldet er pflichtgemäß in das zentrale Wahlbüro am Etapler Platz. Bis zur Ablösung der "ersten Schicht" tut sich nicht mehr viel. Die sechs Wahlhelfer waren zuvor in zwei Gruppen aufgeteilt worden; drei arbeiten in der ersten Tageshälfte, die anderen drei treten um 13 Uhr den Dienst an. Umso größer dann die Überraschung, als ich, eigentlich "Schicht eins" zugehörig, zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale wieder dazu stoße. "Wir haben über 32 Prozent Wahlbeteiligung", verkündet Harald Bannies. So etwas wie Stolz schwingt in der Stimme des CDU-Politikers mit.

Während des ganzen Tages bleibt jedenfalls Zeit, "dem Volk" aufs Maul zu schauen. Mancher Kommentar lässt tief blicken. Eine ältere Dame beklagt sich über den aus ihrer Sicht zu langen Fußweg zum Wahllokal. "Das ist ja am Ende der Welt", sagt sie. Gegen 10.30 Uhr versammeln sich drei Senioren vor dem exakt 93,8 Zentimeter langen Wahlzettel, der an der Eingangstür hängt. Es entwickelt sich eine ausgiebige und gestenreiche Diskussionen. "Man kennt doch keinen", ruft einer der drei nach einigen Minuten schon fast verzweifelt aus.

Kurz vor Mittag dann eine Dame, die den Wahlzettel im absoluten Rekordtempo bearbeitet. Gerade einmal zwei Sekunden benötigt sie — und konstatiert: "Das war einfach!"

Höhepunkt für jeden Wahlhelfer ist die Auszählung der Stimmen. 18.01 Uhr: Es geht los. Ebenso wie zu Beginn müssen alle sechs Wahlhelfer anwesend sein. Am Sonntag wird in ersten Linie eines benötigt: viel Platz, schließlich müssen 277 Stimmzettel ausgebreitet, sortiert und gezählt werden. Zwar muss zweimal nachgezählt werden, da sich in der Addition immer wieder eine Differenz auftut. Doch am Ende passt alles. 19 Uhr am Sonntag bei Pflitsch: Das Ergebnis "steht" — Feierabend!

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(RP)
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