Rückblende 9. Dezember 1952 Vor 65 Jahren startet der "rote Bomber" zur ersten Fahrt

Hückeswagen · HÜCKESWAGEN Eisenbahnchroniken sind in der Regel wegen der Detailversessenheit ihrer Autoren exakt. Städtische Chroniken sind es normalerweise auch. Umso erstaunlicher ist der scheinbare Widerspruch bezüglich des Datums, an dem der berühmte rote Schienenbus erstmals auf der Bahnstrecke zwischen Remscheid-Lennep und Gummersbach fuhr.

 Ein Foto des Schienenbusses in Wipperfürth: Auf der Strecke der Wippertalbahn wurden erstmals die markanten roten Schienenbusse eingesetzt, um die Wirtschaftlichkeit der Strecke zu erhöhen.

Ein Foto des Schienenbusses in Wipperfürth: Auf der Strecke der Wippertalbahn wurden erstmals die markanten roten Schienenbusse eingesetzt, um die Wirtschaftlichkeit der Strecke zu erhöhen.

Foto: norbert bangert

HÜCKESWAGEN Eisenbahnchroniken sind in der Regel wegen der Detailversessenheit ihrer Autoren exakt. Städtische Chroniken sind es normalerweise auch. Umso erstaunlicher ist der scheinbare Widerspruch bezüglich des Datums, an dem der berühmte rote Schienenbus erstmals auf der Bahnstrecke zwischen Remscheid-Lennep und Gummersbach fuhr.

Während die Stadt den 9. Dezember 1952 angibt, weisen die dem Eisenbahnhistoriker Kurz Kaiß vorliegenden Zeitungsberichte auf den offiziellen Fahrplanwechsel am 18. Mai 1952 hin. Ob nun Sommer oder Winter, es war vor 65 Jahren, als sich das neuartige Gefährt erstmals über die hiesigen Schienen bewegte.

Schon die Namensgebung für das Fahrzeug, von dem ein Exemplar in Wipperfürth nahe dem kommunalen Bauhof präsentiert wird, ist abwechslungsreich: Die städtische Chronik nennt ihn martialisch den "roten Bomber", in den Zeitungen ist vom "Schienenomnibus" zu lesen, andere sagen nur "Schienenbus". Eisenbahnfachleute lieben Abkürzungen und nennen ihn deshalb "TO" für Triebwagenomnibus.

Denjenigen Hückeswagenern, die damit zur Schule oder zur Arbeit gefahren sind, wird es egal sein. Fast einhellig fällt bei den Zeitzeugen die Reaktion aus, wenn sie darauf angesprochen werden. Sie bekommen glänzende Augen, als ob man von ihrem liebsten Haustier spricht. Die technischen Daten lesen sich da wesentlich emotionsloser: Ein Schienenbus mit Anhänger konnte 132 Passagiere befördern, wobei 63 Sitzplätze im Hauptgefährt vorhanden waren. Im Anhänger war ein Gepäckraum für Reisende, ein Detail also, das man in den heutigen Regionalzügen meistens vergeblich sucht. Der Schienenomnibus war 13,1 Tonnen schwer und verbrauchte 22 Kilogramm Brennstoff auf 100 Kilometer. Die Spitzengeschwindigkeit betrug 90 Kilometer pro Stunde (km/h). Auf den bergischen Strecken fuhren sie jedoch meist mit 50 bis 60 km/h.

Der Lokführer bediente sechs Gänge, das Getriebe regulierte einen so genannten Büssingmotor - benannt nach dem Unternehmer und Erfinder Heinrich Büssing (1843-1929).

Ein Journalist, der im Mai 1952 in Wipperfürth bei einer Probefahrt mit an Bord sein durfte, stellte zur Inneneinrichtung fast bewundernd fest: "Die blaugrünen Polsterüberzüge harmonisieren farblich mit der ockerfarbenden Holzbekleidung."

Unabhängig von der noch zu ermittelnden Erstfahrt in der Schloss-Stadt steht fest, dass der Schienenbus erstmals am 2. Mai 1952 bei einer Probefahrt durch Wipperfürth fuhr.

Die Bahn war angetreten, mit diesem Gefährt eine höhere Verkehrsdichte zu erzielen. Die Einrichtung zusätzlicher Haltepunkte, zum Beispiel der Haltepunkt "Bevertalsperre" bei Kleineichen, sollte für die Fahrgäste den Weg zum Bahnhof verkürzen. Die ÖPNV-Planer sprachen dabei von einem "Mittler zwischen Landbezirk und Stadt". NORBERT BANGERT

(RP)
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