Hochwasser-Katastrophe in Hückeswagen Behrendt und sein dramatischer Einsatz

Hückeswagen · Auf Einladung von Dietmar Persian kehrte DLRG-Strömungsretter Nils Behrendt knapp drei Monate nach der Hochwasser-Katastrophe an die Stelle zurück, wo er im Einsatz von der Flut mitgerissen und verletzt wurde.

 DLRG-Strömungsretter Nils Behrendt kehrt mit seiner Verlobten Lena  Drogies (mit Sohn Finn) und Kollege Julian Ranke (3.v.l.) an den Ort den Unfalls „An der Schlossfabrik“ zurück. Adrian Borner (2.v.l.) und Dietmar Persian (r.) dankten ihm für seinen Einsatz.

DLRG-Strömungsretter Nils Behrendt kehrt mit seiner Verlobten Lena  Drogies (mit Sohn Finn) und Kollege Julian Ranke (3.v.l.) an den Ort den Unfalls „An der Schlossfabrik“ zurück. Adrian Borner (2.v.l.) und Dietmar Persian (r.) dankten ihm für seinen Einsatz.

Foto: Heike Karsten

Die Nacht zum 15. Juli wird Nils Behrendt so schnell nicht mehr vergessen. Er war mit der Ortsgruppe Waldbröl der Deutschen-Lebens-Rettungsgesellschaft (DLRG) zu einem Einsatz nach Hückeswagen gerufen worden. Im Bereich „An der Schlossfabrik“ seien Menschenleben in Gefahr. Als Strömungsretter begleitete er das Boot der Feuerwehr zu dem Haus, in dem sich noch Personen befinden sollten. Seine Aufgabe war es, das Boot der Feuerwehr zu dirigieren und an den unter Wasser liegenden Hindernissen vorbei zu lenken. Doch dann ging alles ganz schnell. „Die Strömung war so stark, dass ich vom Boot losgerissen und unter Wasser gezogen wurde“, erinnerte sich der 24-jährige Lebensretter an diesen lebensbedrohlichen Moment. Bevor ihn sein Kollege Julian Ranke mit einem beherzten Griff aus dem Wasser ziehen konnte, hatte der Strömungsretter bereits Wasser geschluckt, mit allem, was darin weggespült wurde: Heizöl, Betriebsstoffe und auch Fäkalien. „Es hat bestialisch gestunken und ich kann mich noch an den dicken, schimmernden Ölfilm auf dem Wasser erinnern“, berichtete Nils Behrendt. Doch er machte weiter, versuchte die vom Wasser eingeschlossenen Hausbewohner zu retten. Erfolg hatten die Lebensretter nicht. „Die Leute wollten ihr Haus nicht verlassen, obwohl das Wasser da schon hüfthoch stand“, erinnerte sich Julian Ranke.

Nils Behrendt ging es zu dem Zeitpunkt immer schlechter, mehrmals musste er sich übergeben. Er wurde vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht werden, wo er eine Nacht auf der Intensivstation unter Beobachtung blieb.

In welch einer lebensbedrohlichen Situation er sich befunden hatte, wurde dem 24-Jährigen erst da bewusst. Wäre Wasser in seine Lunge gekommen, hätte es in der Nacht noch zu einem sogenannten „Trockenen Ertrinken“ kommen können, wenn das im Gewebe versickerte Wasser Stunden später in die Lunge zurückläuft. „Das war bei mir nicht der Fall, ich hatte noch ziemlich viel Glück“, sagte der junge Familienvater, der danach noch eine Woche lang massive Magen-Darm-Probleme hatte und mehrere Infusionen erhielt. Erleichtert, dass nicht mehr passiert ist, ist auch Lena Drogies mit dem sechs Monate alten gemeinsamen Sohn Finn. Sie wurde noch in der Nacht telefonisch über den Unfall ihres Verlobten informiert.

Auf Einladung von Dietmar Persian war die junge Familie am Samstag nach Hückeswagen an den Ort des Geschehens gekommen. Der Bürgermeister bedankte sich bei Nils Behrendt und allen Kräften der DLRG für ihren Einsatz. „Wir erkennen daran, wie wichtig eure Arbeit ist, die ihr ehrenamtlich in eurer Freizeit leistet“, sagte Persian. Er wisse aber auch, dass die DLRG finanziell nicht so vom Staat getragen würde, wie die Feuerwehr. Die Hückeswagener Ortsgruppe musste nach dem Hochwasser Einsatzmaterialien im Wert von 4500 Euro ersetzen und dafür in Vorleistung treten. „Ob wir das erstattet bekommen, ist noch immer nicht sicher“, sagte Ortsgruppen-Vorsitzender Adrian Borner. Auch den anderen Ortsgruppen aus dem Oberbergischen Kreis, die beim Hochwasser in Wuppertal, Hückeswagen und Wipperfürth im Einsatz waren, sind enorme Kosten entstanden. „Unsere Neoprenanzüge riechen noch immer, und die vollgelaufenen Stiefel sind ebenfalls kontaminiert und müssen ausgesondert werden“, nannte Julian Ranke nur einige Verluste. Dietmar Persian sagte der DLRG Hückeswagen Gelder aus dem Spendentopf zu. Über 120.000 Euro seien insgesamt auf dem Konto der Stadt eingegangen. „Vielen Spendern war es wichtig, dass ihre Spende nicht nur den Betroffenen, sondern auch den Helfern zugutekommt“, betonte der Bürgermeister.

Nils Behrendt geht es mittlerweile wieder gut. Er erhält Psychosoziale Unterstützung (PSU). Das PSU-Team des Landesverbands Nordrhein hilft Einsatzkräften dabei, derartige Erlebnisse zu verarbeiten. Für den Familienvater wären psychische Folgen nach dem Unfall existenzbedrohend, denn der 24-Jährige absolviert bei der Berufsfeuerwehr der Kölner Universitätskliniken eine Ausbildung zum Brandmeister. An seinem Berufswunsch als auch an seiner Tätigkeit bei der DLRG und der Freiwilligen Feuerwehr möchte er weiterhin festhalten. „Ich hatte ein paar dunkle Tage, aber meine Familie und Freunde haben mir gut geholfen“, sagte Behrendt. Er rät allen, die im Einsatz schwere Situationen durchstehen mussten, sich Hilfe zu suchen. „Ich selbst habe das Angebot lange Zeit nicht wahrgenommen“, fügte er hinzu.

Den Dank des Hückeswagener Bürgermeisters nahm Nils Behrend auch stellvertretend für seine Kollegen entgegen. „Es ist immer eine Teamleistung“, sagte er. Im Anschluss lud der Ortsverband die Besucher noch zu einem gemütlichen Austausch zur Wachstation an die Bever-Talsperre ein.

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