Ostern Starke Frauen Straffälligkeit ist nicht die Endstation

Hückeswagen · Susanne Pfeiffer geht seit fast 30 Jahren regelmäßig zu Gesprächskreisen in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Wuppertal und redet dort mit Strafgefangenen. Die Kraft dafür geben der 46-jährigen Hückeswagenerin ihre Familie und ihr tiefer Glaube.

 Im Schülerbibelkreis am St.-Angela-Gymnasium lernte Susanne Pfeiffer die Gefährdetenhilfe Scheideweg kennen. Seit ihrer Jugend trifft sich die Hückeswagenerin regelmäßig in der JVA Wuppertal mit Strafgefangenen und spricht mit ihnen.

Im Schülerbibelkreis am St.-Angela-Gymnasium lernte Susanne Pfeiffer die Gefährdetenhilfe Scheideweg kennen. Seit ihrer Jugend trifft sich die Hückeswagenerin regelmäßig in der JVA Wuppertal mit Strafgefangenen und spricht mit ihnen.

Foto: Weitzdörfer

Hückeswagen Susanne Pfeiffer treibt eine Leidenschaft an. Die Leidenschaft, ihren Gegenüber zu erfassen. Es ist eine Leidenschaft, die weit zurückreicht im Leben der 46-jährigen Hückeswagenerin. Und es ist eine, die sie ins Gefängnis bringt - jeden zweiten Freitag im Monat, und das schon, seit sie 17 Jahre alt ist. Susanne Pfeiffer engagiert sich seit ihrer Schulzeit bei der Gefährdetenhilfe Scheideweg. Das hat die Mutter von zwei Söhnen inzwischen auf sogenannten Gefängnistourneen nach Brasilien, Indien, in die Mongolei und nach Hongkong geführt. Nicht ganz so weit ist da der Weg in die JVA nach Wuppertal. Dort ist sie mit anderen Scheidewegern Teil des Gesprächskreisteams, in denen Strafgefangene sich im geschützten Raum Belastendes von der Seele reden können. Das ist dabei keineswegs eine einseitige Sache, betont Pfeiffer. "Ich rede auch über mich, meine Belastungen, meine Abgründe und Schwächen. Man nähert sich in so einem Gespräch gegenseitig an. Das ist dann auch für mich sehr bereichernd."

Das Interesse für die Menschen, die - warum auch immer - gescheitert sind, ist bei der 46-Jährigen in der Schule, dem Wipperfürther St.-Angela-Gymnasium, geweckt worden. "Im Schülerbibelkreis habe ich mit 13 oder 14 Jahren die Gefährdetenhilfe kennengelernt. Deren Gemeinschaft hat mir direkt gefallen. So bin ich zu einer ihrer Veranstaltungen gegangen, wo ich Menschen kennengelernt habe, die über ihr Leben sprachen."

Die Lebensläufe waren exotisch, die Menschen selbst indes gar nicht. Sie habe immer schon gerne Fragen gestellt, so auch in diesen Veranstaltungen. "Da habe ich gemerkt, dass für die Menschen das Leben in der Straffälligkeit nicht die Endstation war. Die haben über ihren Glauben und über Gott erzählt, der mir zwar nicht fremd war, aber mir hat sich dadurch eine neue Begegnungsebene zu ihm erschlossen."

Durch diese Erfahrungen war ihr der eigene Berufsweg klarer geworden: "Ich habe Sozialwissenschaften mit den Schwerpunkten Delinquenzprophylaxe und Straffälligenpädagogik in Wuppertal studiert", erzählt Susanne Pfeiffer. Ein sehr theoretisches Studium, das sie mit Gesprächen, Diskussionen und Praxisarbeit bei der Gefährdetenhilfe Scheideweg ergänzt hat. Dabei habe ihr die Fähigkeit geholfen, auf die Menschen zugehen zu können. "Da war etwa ein Dozent aus Moskau zu einem Vortrag zu Gast. Dem habe ich einfach angeboten, sich die Gefährdetenhilfe einmal anzusehen. Was er dann auch getan hat. Mir gefällt es, Menschen zusammenzubringen und Aha-Effekte zu generieren", sagt die 46-Jährige schmunzelnd. Im Anschluss an das Studium lebte Susanne Pfeiffer mit ihrem Mann, den sie 1993 geheiratet hat, in einer Wohngemeinschaft in Scheideweg: "Das war für mich auch ein Abgleich von Theorie und Praxis. Für mich war schnell klar, dass ich künftig weiter im Praktischen arbeiten möchte", erklärt sie. Von 1994 bis 2010 lebten die bald zur vierköpfigen Familie angewachsenen Pfeiffers dann in Scheideweg im WG-Kontext. Parallel dazu sind aber stets die Besuche in der JVA gelaufen: "Anfangs war ich in der Jugendarrestanstalt in Remscheid, später wechselte ich zur neuen Kontaktgruppe in Wuppertal", sagt die 46-Jährige.

Das Besondere an den Gesprächen schildert Susanne Pfeiffer so: "Es ist eine intensive Begegnung - ich kann nicht weg, mein Gegenüber auch nicht." Das sei nicht immer einfach. Aber dadurch, dass sie vermitteln könne, dass es Gottes Vergebung gebe und die Gefangenen das Gespräch auch selbst suchten, "sind es sehr fruchtbare Momente". Und auch die ganz konkrete Hilfestellung für die Zeit nach der Haftentlassung ist für die Gefangenen wichtig.

Ruhepol und Erdung für die 46-Jährige sind in erster Linie ihre Familie und ihre Freunde, ohne deren Rückhalt ihr Ehrenamt nicht möglich wäre: "Aber es ist auch mein Glaube, der mich erdet", sagt Susanne Pfeiffer. "Ich kann in der Begegnung mit Gott alles - das Gute und die Abgründe - ans Licht bringen. Das hilft mir ungemein."

(wow)
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