Rückblende Hückeswagen Vor 50 Jahren Stadtrat beschließt die Grundzüge der Stadtsanierung

Hückeswagen · Als am 18. Juni 1968 die Ratsmitglieder ihre Hände für eine Abstimmung erhoben, machte es den Eindruck einer wichtigen, aber eher routinierten Entscheidung. Das Gremium hatte soeben die Grundzüge für die Stadtsanierung beschlossen.

Zuvor gemachte Einzelbeschlüsse wurden gebündelt, damit die Stadt einen Bebauungsplan aufstellen konnte. Doch der Eindruck täuschte: Die Ereignisse im Vorfeld und besonders die in der ersten Jahreshälfte 1965 waren ein Stück aus dem politischen Tollhaus und wohl bis heute in dieser Form einzigartig in der Geschichte der Stadt.

Was war passiert? In aller Stille hatte die Stadt 1964 den Architekten und Stadtplaner Drecker damit beauftragt, einen Entwurf für das Vorhaben zu fertigen. Seitens des Rates waren lediglich fünf Stadtverordnete in einem Ausschuss beteiligt gewesen. Dessen Existenz war zwar bekannt, aber ansonsten tagte er nichtöffentlich. Diese fast geräuschlose Arbeit dauerte noch bis zum 28. Januar 1965. An diesem Tag sollte der Rat - nichtöffentlich - über den Sachstand informiert werden. Als das FDP-Ratsmitglied Wilhelm Distelmeier eine öffentliche Debatte forderte, sein Ansinnen aber von CDU und SPD abgelehnt wurde, fiel der Startschuss für einen "heißen Frühling" in der Schloss-Stadt.

Immer neue Vermutungen und Spekulationen wurden an den Stammtischen geäußert, und durch die Geheimniskrämerei der Stadt in Kombination mit einer lokal befeuerten überregionalen Berichterstattung eskalierte die Diskussion. Vom "kompletten Abriss der Altstadt" war die Rede. Es war die Rede von einem "teuflischen Plan" sowie einer "Kulturschande und -vergewaltigung". Krönung und Spitze der Rhetorik war der öffentliche Vorwurf, dass man im Geheimen die "Aktion Bombenteppich" plane. Alles das, was der Krieg nicht geschafft habe, sollte nun durch eine Sanierung erledigt werden.

In einer legendären Bürgerversammlung der CDU im Hofgarten am 15. Juli 1965, die zunächst komplett zu eskalieren drohte, kam die Wende. Fraktionschef Bernhard Lampen erklärte, dass es einen solchen Plan nicht geben würde und man alle im Rat am Erhalt des Stadtkerns interessiert sei. Zwar wurde der Dreckert-Plan noch am 9. Dezember 1965 im Stadtrat vorgestellt, doch der Architekt wurde 1966 durch Dipl. Ing. Zlonicky abgelöst. Später räumten die Beteiligten dahingehend einen Fehler ein, dass man Dreckert für die Entwurfsplanung freie Hand gelassen und keine Vorgaben gemacht habe.

Mit dem Ratsbeschluss vom 18. Juni 1968 wurde dann auch auf ein neues Stadtzentrum im Bereich des Goethetals verzichtet. Vielmehr sollte die Altstadt als Zentrum erhalten bleiben, damit dort nicht eine reine Wohnbebauung übrig bleibe. Kernstücke der Sanierung wurden der Bau der Goethestraße und die Verbreiterung des Schmittweges. Verzichtet wurde auf eine Verbreiterung der Bongardstraße, die als Zufahrtsstraße zum Schloss dienen sollte. Die Marktstraße blieb unangetastet, die Islandstraße wurde in eine Fußgängerzone umgewandelt. NORBERT BANGERT

(nob)
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