Stadtbrandinspektor im Interview „Ein großes Vertrauen in die Feuerwehr“

Hückeswagen · Karsten Binder ist seit mehr als zwölf Jahren Chef der Feuerwehr. Im Interview spricht er über die Entwicklung.

 Stadtbrandinspektor Karsten Binder blickt zum Abschluss der Serie anlässlich des 150-jährigen Bestehens der hiesigen Feuerwehr zurück und nach vorne.

Stadtbrandinspektor Karsten Binder blickt zum Abschluss der Serie anlässlich des 150-jährigen Bestehens der hiesigen Feuerwehr zurück und nach vorne.

Foto: Moll (archiv)

Herr Binder, wie lange sind Sie schon Feuerwehrmann?

Binder Ich bin seit November 1984 dabei. Damals bin ich in die Jugendfeuerwehr eingetreten, im Anschluss daran bin ich 1990 in den aktiven Einsatzdienst gewechselt.

Seit 2006 sind Sie Stadtbrandinspektor – wie hat sich die Feuerwehr in Ihrer Zeit verändert?

Binder In den zurückliegenden Jahren haben wir viele Wagen im Fahrzeugpark als Ersatz beschaffen können, dazu haben wir neue Überdruck-Atemschutzgeräte angeschafft sowie erfolgreich den neuen Digitalfunk für alle Hilfsorganisationen im Oberbergischen Kreis eingeführt.

Und wie hat sie sich im Lauf der vergangenen 150 Jahre verändert?

Binder Die ganze Feuerwehrtechnik mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen hat sich sehr stark verändert. Wurde damals noch mit Pferd und Handdruckspritze samt „Blaumann“ ein Feuer bekämpft, sind die heutigen Einsatzfahrzeuge mit sehr viel Technik ausgestattet. Diese Weiterentwicklung haben wir schon in den vergangenen 20 Jahren miterleben können.

Hatte die Feuerwehr im 19. Jahrhundert eine andere Bedeutung als heute?

Binder Ganz bestimmt, denn damals wurden viel mehr Brände bekämpft. Heute ist dies nicht mehr so ausgeprägt. Hier helfen uns moderne Techniken weiter. Darunter fallen die vor ein paar Jahren gesetzlich vorgeschriebenen Rauchwarnmelder in Privathäusern, die Brandmeldeanlagen in neuen Industriebetrieben oder auch die Verbreitung von Handys und Smartphones, die heutzutage praktisch jeder jederzeit mit sich führt und so schnell einen Unfall oder (Entstehungs-)Brand melden kann.

Was sind die Hauptaufgaben der Freiwilligen Feuerwehr in Hückeswagen?

Binder In den zurückliegenden Jahren sind größere Brandereignisse zurückgegangen. Dem gegenüber sind Verkehrsunfälle, Ölspuren sowie Unwettereinsätze bei Sturm, Starkregen oder Schnee stärker in den Vordergrund geraten.

Ist die Feuerwehr mit den vier Löschgruppen für das Stadtgebiet ausreichend gut aufgestellt?

Binder Ja, das wurde nochmals beim jüngsten Brandschutzbedarfsplan durch eine externe Fachfirma bestätigt.

Wie sieht es mit der technischen Ausstattung aus?

Binder Wir haben in den vergangenen Jahren verstärkt in neue technische Ausrüstung investiert. Das umfasst Gerät wie Wärmebildkamera, Rauchschutzvorhänge, Funktechnik, Hochleistungslüfter, Beleuchtung in LED und den kompletten Austausch der Atemschutzgeräte auf Überdruck.

Welche Herausforderungen muss sich die Feuerwehr in Zeiten klammer Kassen stellen?

Binder Wenn in Erneuerungen bei der Schutzkleidung oder künftig in die digitale Alarmierung investiert wird, müssen wir diese Ausgaben auf mehrere Jahre splitten. Das sprechen wir vorab mit der Kämmerei in der Stadtverwaltung ab. Ebenso läuft es, wenn in neue Einsatzfahrzeuge investiert wird. Hier laufen die Planungen bereits fünf Jahre vorher an.

Wie beurteilen Sie die Nachwuchssituation?

Binder Aktuell sind 32 Kinder- und Jugendliche in unserer Jugendfeuerwehr aktiv dabei – das ist seit mehreren Jahren ein sehr positiver Trend. Jedoch lassen auf der anderen Seite die vorhandenen Räumlichkeiten aktuell keine Vergrößerung zu.

Und wie sieht’s bei den erwachsenen Kameraden aus?

Binder Die haben wir seit ein paar Jahren auch leicht steigern können. Im Moment zählen wir 113 aktive Einsatzkräfte.

Welche Vorteile hat eine Freiwillige gegenüber einer Berufsfeuerwehr?

Binder Sehr oft bekommen wir an Einsatzstellen mit, dass die Bewohner unserer Stadt meinen, wir wären eine Berufsfeuerwehr. Dem ist nicht so: Wir sind freiwillige Feuerwehrleute, die ihren beruflichen Alltag wie jeder andere „Normalbürger“ bestreiten. Eine Freiwillige Feuerwehr ist eine öffentliche Feuerwehr, die sich hauptsächlich aus ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzt. Den abwehrenden Brandschutz größtenteils mit Freiwilligen Feuerwehren abzudecken, hat sich vor allem in den deutschsprachigen Ländern durchgesetzt, während es in vielen anderen benachbarten Ländern auch ganz andere Organisationsformen gibt. In Deutschland sind in Städten und Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern in der Regel Freiwillige Feuerwehren für den Brandschutz zuständig. Aber auch in Städten mit einer Berufsfeuerwehr werden heute Freiwillige Feuerwehren als Unterstützung eingesetzt. Selbst Remscheid mit einer Berufsfeuerwehr verfügt über mehrere Freiwillige Feuerwehreinheiten. Eine Berufsfeuerwehr ist auch eine öffentliche Feuerwehr. Sie besteht aus hauptamtlich arbeitenden Einsatzkräften im feuerwehrtechnischen Dienst und ist mindestens mit einem Zug, in dem 21 Kräfte eingesetzt sind, ständig besetzt. Somit liegt eindeutig der Kostenfaktor Personal bei einer Freiwilligen Feuerwehr für eine Kommune sehr niedrig.

Haben Sie in der Schloss-Stadt auch Probleme mit Gaffern?

Binder Das kann man an einzelnen, größeren Einsatzstellen leider nicht ganz ausschließen. So bauen wir etwa bei Unfällen mit verletzten Personen schon seit ein paar Jahren direkt einen mobilen Sichtschutz an der Einsatzstelle auf.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Feuerwehr in den kommenden Jahren?

Binder Verglichen mit den Herausforderungen, die in früheren Jahrzehnten zu bewältigen waren, erscheint die Ausgangsposition unserer Feuerwehr heute gar nicht so schlecht. Die Bevölkerung hat zudem großes Vertrauen in die Feuerwehr. Die Zukunft hat bereits angefangen – aber die Zeiten ändern sich. Was gestern noch galt, gilt heute nicht mehr. Was gestern noch auf traditioneller Weise funktionierte, reicht heute nicht mehr aus. Zum Beispiel bilden wir seit 15 Jahren zusammen mit Wipperfürth und Radevormwald unsere Einsatzkräfte in verschiedenen Grundausbildungs-Modulen aus. Darüber hinaus unterstützen wir uns bei größeren Einsatzlagen mit Personal und Gerätschaften. Häufige Ursache, aber auch Folge ist die erhöhte berufliche Inanspruchnahme unserer Mitglieder.

Wie stellt sich das konkret dar?

Binder Eine sichtbare Folge der veränderten Arbeitsmarktsituation ist bei vielen Einheiten eine dramatisch verringerte Tageseinsatzbereitschaft. Das bedeutet eine Einschränkung während der Hauptarbeitszeit. Obwohl bei uns hier in Hückeswagen eine hervorragende Jugendarbeit geleistet wird, ist dies längst keine Garantie mehr für den nötigen Nachwuchs für die aktive Abteilung. In vielen Gesprächen zwischen unserer Feuerwehr und der Stadtverwaltung und dem Stadtrat wurde schon öfter über die künftige Ausrichtung und Planungen gesprochen. Erste gute Schritte sind auf dem Weg gebracht und werden in den nächsten Jahren zu sehen sein – damit meine ich zuerst das neue Feuerwehrhaus für den Löschzug Stadt. Ferner stehen weitere Fahrzeugersatzbeschaffung an.

Freuen Sie sich auf das neue Gerätehaus im Brunsbachtal?

Binder Ja, aber nicht nur ich, sondern auch die Einheit des Löschzuges Stadt und unsere Jugendfeuerwehr. Aber bis dahin liegt noch viel Arbeit vor uns.

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