Hückeswagen Schlägerei auf offener Straße — Zeugen in Angst

Hückeswagen · Ein bemerkenswertes Ende fand am Montag ein Prozess vor dem Amtsgericht Wipperfürth: Obwohl Staatsanwalt und Verteidiger Freispruch beantragt hatten, verhängte der Richter gegen zwei Angeklagte aus Hückeswagen Haftstrafen in Höhe von je neun Monaten auf Bewährung.

Verhandelt wurde ein Zwischenfall auf der Bahnhofstraße. In einer Nacht Mitte November war es dort zu einem Aufeinandertreffen zwischen zwei türkischstämmigen Männern und zwei Russlanddeutschen gekommen. Nach einem kurzen verbalen Streit flogen die Fäuste. Ein 30-Jähriger aus der Gruppe wurde dabei so schwer am Kopf verletzt, dass er neun Tage im Krankenhaus verbringen musste.

Opfer geschlagen und getreten?

Angeklagt waren nun gestern ein 22-jähriger und ein 24-jähriger Russlanddeutscher, beide aus Hückeswagen. Sie waren in der besagten Nacht auf dem Weg von der Disco zur Sparkasse gewesen. Der Staatsanwalt warf ihnen gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung vor, da sie den 30-Jährigen angeblich mit Schlägen und später, als er schon am Boden lag, mit Fußtritten traktiert hatten.

"Bei der Eisdiele Valenti bin ich ganz plötzlich mit einer Kopfnuss angegriffen worden, da habe ich mich gewehrt", schilderte einer der Angeklagten. Nach einem kurzen Handgemenge habe man sich dann aber wieder vertragen. Aus Sicht der Zeugen hatte sich der Vorfall jedoch komplett anders abgespielt. "Eine ganze Gruppe hat auf meinen Begleiter eingeschlagen. Wenn ich nicht da gewesen wäre, hätten sie ihn umgebracht", schilderte der 41-jährige Begleiter des Opfers. "Kann es sein, dass Sie zur Übertreibung neigen?", fragte daraufhin die Verteidigerin nach.

Merkwürdig waren das Aussageverhalten des Opfers und das eines neutralen Zeugen. Während das Opfer sich angeblich an überhaupt nichts mehr erinnern konnte, hatte der neutrale Zeuge, der das Geschehen von einem Balkon an der Bahnhofstraße aus beobachtet hatte, dem Richter im Vorfeld einen Brief geschrieben. Darin teilte er mit, dass er aus Angst vor Repressalien keine Aussage mehr machen wolle. Vor Gericht sagte er dann doch noch aus, allerdings waren die Erinnerungslücken auffällig groß. Der Zeuge hatte unter anderem beobachtet, wie einem Mann auf der Straße ins Gesicht getreten wurde.

Urteil trotz Freispruch-Anträgen

In Anbetracht der vagen und widersprüchlichen Zeugenaussagen beantragte neben der Verteidigerin auch der Staatsanwalt Freispruch. Umso überraschender das Urteil. "Die Verhaltensweise ist typisch für die Angeklagten, und die Zeugen haben Angst", begründete der Richter sein Urteil. Das ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort