Hückeswagen Schicksale der Gefangenen

Hückeswagen · Von nahezu allen Kriegsgefangenen, die neben der Friedenskapelle Voßhagen begraben wurden, hat der Verein "Bergischen Zeitgeschichte" Biografien erstellt. Wilfried Egerland referierte dazu jetzt in Rade.

Hückeswagen/Radevormwald Wasilij Sokolow war 36, als er 1942 auf dem Friedhof in Voßhagen beerdigt wurde. Gerade mal 17 Jahre alt wurde der Jüngste von 43 männlichen Kriegsgefangenen, die in der Nähe des Lagers Hammerstein ihre letzte Ruhe fanden. Wer waren diese Menschen? Die Antwort auf diese Frage und weitere spektakuläre Erkenntnisse fanden fünf Mitglieder des Vereins Bergische Zeitgeschichte (BZG) heraus, die sich zur Arbeitsgemeinschaft (AG) "Hammerstein" zusammengeschlossen haben.

Mitglied Wilfried Egerland stellte die Ergebnisse in dieser Woche im Bürgerzentrum von Radevormwald vor. Rund 30 Besucher folgten der Einladung des Vereins "Runder Tisch gegen Rechts" zu dieser Veranstaltung und wurden noch einmal eindrücklich an die Schrecken des Krieges erinnert.

". . . morgen sind sie tot"

Mit dem neu erworbenen Wissen wurde die Anfang 2008 erschienene Broschüre der BZG "Wasser können sie trinken..., morgen sind sie tot!" von Wilfried Egerland, Norbert Bangert und Ralph Vesper komplett überarbeitet. Darin finden sich nun auch die individuellen Schicksale fast aller russischer Kriegsgefangenen, die in der kleinen Hückeswagener Außenortschaft Voßhagen begraben worden sind.

Möglich geworden waren weitere Nachforschungen durch die Öffnung der früheren Geheimarchive in der Folge des politischen Wandels in der früheren Sowjetunion. "Eine Datenmenge riesigen Ausmaßes", sagte Egerland. In der Dokumentenstätte Senne in Schloss Holte-Stukenbrock fanden die AG-Mitglieder die Personalkarten von 41 der 43 Kriegsopfer. Anhand der Eintragungen konstruierten sie die Biografien der jungen Männer, wobei vieles dennoch im Unklaren blieb: "Wir bewegen uns hier auf einem sehr schmalen Grat. Vieles ist nur Spekulation", sagte Norbert Bangert.

Auch die Zahl der Gefangenen, die von 1939 bis 1945 im Lager Hammerstein gelebt haben, kann nur auf "einige Hundert" geschätzt werden. Die Befragung von Zeitzeugen und die neu entdeckten Dokumente ergaben dennoch ein mosaikartiges Gesamtbild, das nun in die Neuauflage der Broschüre eingeflossen ist.

Egerland ging in seinem Vortrag ebenso auf die Entwicklung des Hauses Hammerstein von der Textilfabrik über Wehrbetrieb, Gefangenenlager und Nobelhotel bis zum heutigen Begegnungszentrum der Lebenshilfe ein. Einige Zuhörer hätten sich noch mehr authentische Lebensgeschichten der russischen Soldaten gewünscht. "Es fehlt noch vieles, was erforscht werden muss", meinte das Ehepaar Waltraud und Rudi Willmann.

Tod durch Erhängen

Das Lebensende des russischen Soldaten Wasilij Sokolow, Ehemann und dreifacher Vater, wird in seiner Personalkarte mit "Tod durch Erhängen im Wellershauser Wald" angegeben. Ob es sich dabei um eine Hinrichtung oder um Selbstmord handelte, wird trotz zeitintensiver Recherchen vermutlich nie geklärt werden können.

(RP)
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