Rückblende Straßenbahn-Historie auf Tiefladern

Winterhagen · Vor 50 Jahren war die Straßenbahn-Ära in Remscheid beendet. Zwei ausrangierte Wagen kamen daher ins Straßenbahn-Museum von Heinz Johann in Winterhagen.

 Auf einen Tieflader wurden die beiden historischen Straßenbahnwagen in Remscheid verladen und dann nach Hückeswagen gebracht.

Auf einen Tieflader wurden die beiden historischen Straßenbahnwagen in Remscheid verladen und dann nach Hückeswagen gebracht.

Foto: BM-Archiv

Heinz Johann war das, was man einen Enthusiasten nennt. In Hückeswagen erinnert man sich an ihn unter anderem im Zusammenhang mit seinem Straßenbahnmuseum in Winterhagen. Nach seinem Tod im Januar 2013 wurde diese Pilgerstätte für Straßenbahnfans im März 2014 aufgelöst. Aus der Aufbauphase des Museums, das 1966 gegründet wurde, stammt ein Bericht der Bergischen Morgenpost vom 2. Juni 1969 über ein spektakuläres Ereignis. Nicht nur Eisenbahnfreunde, sondern auch zahlreiche Anwohner hatten sich versammelt, um der Ankunft zweier Straßenbahnwagen beizuwohnen. Die Deutsche Bundesbahn hatte extra einen Tieflader zur Verfügung gestellt, der es ermöglichte, zunächst einen Beiwagen mit der Bezeichnung „Bw 208“ und im Anschluss einen Triebwagen („Tw 120“) von der Lenneper Straße im südlichen Remscheid abzuholen.

Der Abholort, wo die Fahrzeuge mit einer Seilwinde hinauf gehievt wurden, ist kein Zufall. Denn dort befand sich die Umsteigehaltestelle, die die Passagiere benutzen mussten, wenn sie mit der Straßenbahn von Remscheid nach Wermelskirchen und zurück fahren wollten. Auch kein Zufall ist, dass die Bergische Morgenpost mit der Schlagzeile „Linie 2 stieg um auf den Tieflader“ aufmachte, denn die „2“ war den Menschen als Verbindungslinie zwischen beiden Städten ein Begriff. Diese „Fernlinie“, so der interne Begriff beim Betreiber, wurde ursprünglich von der Vereinigten Kleinbahn Aktiengesellschaft errichtet, bis sie 1922 von den Remscheidern erworben wurde.

Warum kamen die beiden Wagen überhaupt zu Johann ins Museum? Hintergrund ist die Stilllegung der Straßenbahn in Remscheid, wo die letzte Linie am 10. April 1969, also knapp zwei Monate vor dem Transport nach Hückeswagen, ihren Betrieb einstellte. Die Strecke nach Wermelskirchen hatte es schon in den Jahren 1961 und 1962 erwischt, wobei eine Stilllegung in zwei Stufen erfolgte. Nachdem die Stadtwerke Remscheid ab Juli 1953 immer mehr auf den Omnibusverkehr setzte, sah man in der Straßenbahn keine Zukunft mehr.

 Von Lennep ging’s „huckepack“ nach Winterhagen.

Von Lennep ging’s „huckepack“ nach Winterhagen.

Foto: BM-Archiv

Dabei galt deren Eröffnung nicht zu Unrecht als technische Meisterleistung. Als am 1. Juli 1893 die ersten Wagen ihren regulären Betrieb aufnahmen, waren die Remscheider Strecken diejenigen mit dem größten Steigungsverhältnis in Deutschland. Höhere Werte erzielte grundsätzlich nur noch eine Zahnradbahn. Dieser Rekord hatte allerdings auch seinen Preis. Aufgrund der zu bewältigenden Steigungen und Kurven hatte die Straßenbahngesellschaft mit einem großen Material-Verschleiß zu kämpfen. Hinzu kam der regiontypisch harte Winter in Form von Eisglätte und Schnee als zusätzliches Beschwernis beim Anfahren an einer Steigung. Um zu begutachten, wie die Remscheider diese Probleme gelöst hatten, strömten Fachleute aus aller Welt zur Eröffnung ins Bergische.

Heinz Johann holte nun 1969 zwei Exemplare aus dem Fuhrpark des „technischen Straßenbahn-Wunderwerks“ nach Hückeswagen, um sie dort auszustellen. Die Menschen dankten es ihm mit einem „großen Bahnhof“.

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