CD-Vorstellung Relaxin‘ in Wipperfürth

Wipperfürth/Hückeswagen · Roman und Julian Wasserfuhr stellten am Freitagabend in der ausverkauften Alten Drahtzieherei in Wipperfürth ihr neues Album „Relaxin‘ In Ireland“ offiziell vor.

  Julian und Roman Waserfuhr spielten zusammen mit Jörg Brinkmann (am Cello) in der Alte Drahtzieherei Songs von ihrer neuen CD.

Julian und Roman Waserfuhr spielten zusammen mit Jörg Brinkmann (am Cello) in der Alte Drahtzieherei Songs von ihrer neuen CD.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wenn Julian und Roman Wasserfuhr zum Schnafftival rufen, dann kommen sie alle. Sei es nun im Kultur-Haus Zach, im Alten Pfandhaus in Köln – oder in der Alten Drahtzieherei in der Nachbarstadt Wipperfürth. Und die war am Freitagabend dann auch folgerichtig voll, als die Hückeswagener Jazz-Brüder mit Cellist Jörg Brinkmann sowie teilweise unterstützt von Schlagzeuger Oliver Rehmann und Bassist Markus Schieferdecker die Bühne betraten. Manchmal war man auch zu viert unterwegs, schließlich war es ein langer Abend.

Neben dem gewohnt süffigen Selbstgebrauten mit dem immer noch irgendwie etwas seltsamen Namen Schnaff, stand somit natürlich die Musik im Vordergrund. Und da vor allem das neue Album „Relaxin‘ In Ireland“, das zwar bereits Ende Oktober 2018 erschienen war, an diesem Abend aber offiziell vorgestellt wurde.

Das neue Album, sehr ruhig und noch ein gutes Stück zerbrechlicher als die übrigen Platten der Wasserfuhrs, wurde nach einer vergleichsweise kurzen Pause nach dem im pulsierenden New York aufgenommenen Vorgänger „Landed In Brooklyn“ in der Einsamkeit eines irischen Cottages geschrieben und aufgenommen. Jörg Brinkmann hatte darauf sein Cello als wunderschönen Kontrapunkt zu Julian Wasserfuhrs gefühlvolles Trompetenspiel in Szene gesetzt. Etwa bei der Hymne ans eigene Bier, natürlich „Schnaff“ betitelt. Deutlich wurde da, wie musikalisch vielfältig dieses Bier war, von dem, wie Roman Wasserfuhr es ausdrückte, „wir auch gleich nach dem Konzert was im Foyer trinken werden.“

Klar wurde indes, dass auch das eigentlich ja in der Klassik beheimatete Cello wunderbar im Jazz-Kontext funktionierte. Wenn man es richtig einzusetzen wusste. Zwischen den Songs griff auch Julian Wasserfuhr immer wieder zum Mikro, um in seiner gewohnt trockenen Art launige Geschichten zum Entstehungsprozess einzelner Stücke oder aus dem Leben eines Jazz-Musikers zu erzählen. Etwa als es um Freizeit-Alternativen auf Tour ging: „Wir wollten ein Gesellschaftsspiel, denn schließlich kann man unterwegs nicht nur Alkohol konsumieren. Also ist Roman in ein Spielwarengeschäft in Hückeswagen gegangen.“ Dort habe er dann, extra für Jazz-Musiker, ein leichtes Spiel bekommen. „Dumm nur, dass ich es mir vier Mal erklären lassen musste, bis ich es kapiert habe“, gab der Trompeter selbstironisch zu.

Einzelne Songs hervorzuheben würde der großen Klasse dessen nicht gerecht werden, was da auf der Bühne geboten wurde. Wenn sich da aber etwa nach der Pause aus einem scheinbar belanglosen Solo-Geplänkel am Bass heraus, nach und nach einer jener altbekannten Jazz-Gassenhauer entwickelte, „St. James‘ Infirmary“, die man dann jedoch nur an der immer wieder lediglich rudimentär angedeuteten Melodie erkannte, während die Musiker sich in ihren Soli kurzzeitig verloren, nur um dann direkt wieder zueinander zu finden, dann wurde einem klar, dass hier schlicht und ergreifend grandiose Techniker und leidenschaftliche Kreativköpfe miteinander musizierten. Bei aller Virtuosität, bei aller Klasse und bei aller – versteckten und offenen – Leidenschaft, die die fünf Musiker an den Tag legten, war es ein Abend, der insgesamt dem Titel des vorgestellten Albums gerecht wurde.

Im positiven Sinne relaxed, ohne Hektik, Stress oder übertriebene Selbstdarstellung musizierte das Quintett sich durch einen abwechslungsreichen Set, der nach rund zwei Stunden mit einer ebenfalls sozusagen verschnafften Version der quirligsten Liebeserklärung des großen Ray Charles, „Halleluja I Love Her So“, ihr vorläufiges Ende nahm. Ein idealer Rausschmeißer, eigentlich. Aber natürlich ließ das Publikum die Musiker nicht ohne Zugaben an den Zapfhahn gehen. Ehe es also auch für die Band hieß: „Relaxin‘ In Wipperfürth“, spielten die Wasserfuhrs zusammen mit Brinkmann noch einen Song als Trio. „Knot In The Belly“ entließ das Publikum dann wahrhaft entspannt in die Nacht. Oder an den Tresen. Auf jeden Fall aber glücklich.

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