Ganztagsbetreuung in Hückeswagen OGS wird zur gewaltigen Herausforderung

Hückeswagen · Schon jetzt reichen die Plätze im Offenen Ganztag an den Hückeswagener Grundschulen nicht für alle Kinder, deren Eltern die Ganztagsbetreuung wünschen. Und die Situation wird sich in den nächsten Jahren dramatisch zuspitzen.

Lisa Wandelt (r.), OGS-Koordinatorin der Gotteshütte, schaute sich im September die Hausaufgabenbetreuung in der Klasse von Marina Beurenmeister an der GGS Wiehagen an.

Lisa Wandelt (r.), OGS-Koordinatorin der Gotteshütte, schaute sich im September die Hausaufgabenbetreuung in der Klasse von Marina Beurenmeister an der GGS Wiehagen an.

Foto: Jürgen Moll

Gut 500 Kinder besuchen die beiden Grundschulen der Stadt, knapp ein Drittel davon sind im Offenen Ganztag (OGS). Das ist ein relativ geringer Anteil, aber schon jetzt gibt es Probleme, weil nicht für alle Kinder, deren Eltern die Ganztagsbetreuung wünschen, auch ein Platz zur Verfügung steht. Das bestätigt Sascha Viehoff vom Jugend- und Sozialwerk „Gotteshütte“, das im Sommer als anerkannter Träger der Jugendhilfe die OGS an den Grundschulen übernommen hat. „Es gibt Wartelisten“, sagte Viehoff im Schulausschuss.

Die Situation wird sich noch deutlich verschärfen. Ab 2026 gibt es einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule, zunächst nur für die Kinder der ersten Klassenstufe, der in den Folgejahren aber auf alle Klassen im Primarbereich ausgeweitet wird. Ab dann können Eltern, die die Ganztagsbetreuung ihrer Kinder wünschen, im Zweifelsfall ihren Rechtsanspruch einklagen. Experten rechnen damit, dass sich spätestens ab dann 80 Prozent der Eltern für die Ganztagsbetreuung entscheiden werden.

Zu diesen Experten gehört Jürgen Thomaßen vom Büro Thomaßen Consult. Die Stadt hat das Kölner Fachbüro im März beauftragt, einen Schul- und Medienentwicklungsplan sowie eine Planung zur Sportentwicklung zu erarbeiten. Im Schulausschuss legte Thomaßen einen ersten Zwischenbericht vor. Das Fachbüro geht davon aus, dass in Hückeswagen ab 2026 etwa 430 Grundschulkinder für die OGS angemeldet werden – fast dreimal so viele wie heute. Damit stünde die Stadt vor enormen Herausforderungen, da schon aktuell die Kapazitäten nicht ausreichen, wie die Wartelisten zeigen. Es fehlt an Räumen, und auch personell ist die OGS auf viel mehr Kinder nicht eingerichtet. „Die personelle Besetzung ist dünn und auf Kante genäht“, sagte Viehoff. 22 Mitarbeiterinnen, die die „Gotteshütte“ vom vorherigen Träger übernommen hat, arbeiten in der OGS, alle in Teilzeit. Das Team muss spätestens ab 2026 deutlich aufgestockt werden, aber der Mangel an Fachkräften wie Erzieherinnen ist groß. Viehoff: „Die Arbeitszeit am Nachmittag ist wenig attraktiv, die Bezahlung ist es auch nicht. Wir brauchen aber Fachkräfte für eine qualifizierte Ganztagsbetreuung.“ Schon jetzt müssten räumlich und personell die Weichen gestellt werden, um den Anforderungen ab 2026 gewachsen zu sein. Die Problematik sei den Verantwortlichen im Rathaus bewusst, sagte Alexander Stehl als für die Schulen zuständiger Fachbereichsleiter der Stadtverwaltung. Nicht klar ist, wie eine Lösung konkret aussehen kann, denn die Finanzierung des nach dem neuen Ganztagsförderungsgesetz notwendigen Ausbaus der Infrastruktur ist völlig offen. Stehl: „Wir wissen nicht, was wir an Förderung bekommen. Es gibt auch noch keine Richtlinien für den Ganztags-Ausbau. Sicher ist, dass Qualität ihren Preis hat – da muss mehr von Bund und Land kommen.“

Auch die Eltern finanzieren den laufenden Betrieb mit. Die Höhe der nach dem Einkommen gestaffelten Elternbeiträge wurde in Hückeswagen zuletzt 2015 festgesetzt. Seitdem liegt der Höchstbetrag bei 170 Euro im Monat. 220 Euro wären zulässig, die Summe könnte jährlich um drei Prozent erhöht werden. So legt es ein Runderlass des Schulministeriums fest. Die Stadt wird darauf vermutlich 2023 reagieren und die Elternbeiträge erhöhen. In der Verwaltungsvorlage für den Fachausschuss wird das angekündigt: „Eine Anpassung der Beiträge und der Staffelung sollte geprüft werden.“ Allerdings zahlen nicht alle für die OGS-Betreuung ihres Kindes, einige liegen unter den Einkommensgrenzen. In der Vorlage heißt es dazu: „Bereits jetzt erhalten viele Familien eine Beitragsbefreiung und Kostenübernahme durch den Oberbergischen Kreis.“ Konkrete Zahlen nennt die Verwaltung dazu nicht.

Räumlich tut sich mit Blick auch auf die Entwicklung der OGS bereits etwas an der Grundschule in Wiehagen. Dort ist ein Neubau geplant. Darin wäre unter anderem Platz für vier Gruppenräume, in denen zusätzlich 100 Kinder im Offenen Ganztag betreut werden könnten. Wenn das Gebäude fertig ist, wäre es möglich, mehr als 87 Prozent der Grundschüler einen Betreuungsplatz anzubieten. Damit wäre der für die Jahre ab 2026 errechnete Bedarf gut gedeckt.

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